Der Kick mit dem kleinen Ball

Ein Argentinier trainiert die Berliner Uniauswahl im Futsal. Die südamerikanische Variante gilt als Zukunft des Hallenfußballs. Doch Berlin ist derzeit noch Diaspora

Mario Salvador wirkt derart elektrisiert, dass für ihn historische Dimensionen verschwimmen. „Der Ostblock, die Latino-Welt und England – alle sind dabei“, schwärmt der Argentinier von „Futsal“. Das Haar in der Suppe ist für ihn schwarz-rot-gold. „Deutschland ist die einzige große Nation, die keine Futsal-Nationalmannschaft besitzt“, sagt Salvador.

Der Mann vom Rio de la Plata ist in Berlin eine Art Rufer in der Wüste. Zwar betreut er die Berliner Uni-Auswahl. Doch die wird überwiegend von Ausländern gebildet und spielt weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Nicht besser ergeht es den in Berlin existierenden Klubs wie „Atletico“, „United“ oder „Ballkünstler“.

Dabei gilt Futsal – abgeleitet vom „Futebal de Salão“, dem portugiesisch-brasilianischen Wort für Hallenfußball – als Zukunft des Kickens in geschlossenen Räumen. Die traditionellen Turniere arten immer mehr zum kämpferischen Abziehbild der Outdoor-Kraftmeierei aus. Futsal soll für eine Belebung sorgen.

Vor rund 50 Jahren wurde Futsal erstmals auf Hand- und Basketballplätzen Südamerikas gespielt. Es ist schneller und taktisch anspruchsvoller als herkömmliches Hallengekicke. Der kleine, sprungreduzierte Ball zirkuliert durch die Reihen zweier Fünfermannschaften und wird meist mit der Sohle gestoppt, bevor er auf ein Handballtor gezirkelt wird. Spielfeldbanden sind nicht vorhanden. Individuelle Fouls gelten als Mannschaftsvergehen, was den internen Zusammenhalt stärkt.

Auch Brasiliens Megastars wie Ronaldinho oder Kaka knödeln in der Freizeit beim Futsal. Manchen Trick exportieren sie zum Entzücken der Fans ins Freie. Europas Elite stammt aus Spanien, Italien und Tschechien – Länder, die für eine vorzügliche technische Grundausbildung gerühmt werden. „Für Kinder ist die Ausbildung beim Futsal sehr wichtig“, erzählt Salvador.

Nun will der Berliner Fußball-Verband (BFV) Futsal integrieren. Er bietet drei Trainingszeiten pro Woche in Berliner Hallen für „Schnuppertraining“ an. Ganz freiwillig geschieht dies nicht. „Der DFB will, dass Futsal ein Thema wird“, sagt BFV-Sprecher Frank Schlüter. Auch der DFB reagiert auf sanften Druck des Weltverbandes Fifa, der die vermeintliche Indoor-Moderne nicht verpassen möchte.

In der Praxis wird es am Wochenende ernst für die Futsal-Gemeinde. Am Sonntag findet in Merseburg die nordostdeutsche Meisterschaft statt. Der Gewinner darf im April beim „DFB-Futsal-Cup 2007“, der Deutschen Meisterschaft, antreten. „Der Deutsche Meister im Futsal qualifiziert sich für den Uefa-Cup“, schwärmt Berlins Uni-Coach Salvador. „So leicht ist es im richtigen Fußball nicht, auf europäischer Ebene mitzumischen.“

Uwe Ebenhöh