„Herz des Fußballs schlägt dann in der Lausitz“

■ Der Cottbuser Oberbürgermeister Waldemar Kleinschmidt über die Bedeutung eines Sieges des FC Energie im morgigen DFB-Pokalfinale gegen den Bundesligisten VfB Stuttgart

taz: Herr Kleinschmidt, eben waren Sie für die einen noch der OB einer namenlosen Stadt in der Braunkohlewüste. Die anderen kannten Sie gar nicht. Der Imagegewinn, den der Fußball Cottbus gebracht hat, ist enorm?

Kleinschmidt: Das stimmt. So viel Geld hätte ich nicht zusammenbekommen, um so eine Werbung zu machen.

Hat Sie der Erfolg des FC Energie überrascht?

Das hat mich nicht überrascht. Ich versuche ja, jedes Heimspiel zu sehen, bin ständig mit dem Präsidenten im Kontakt. Ich habe die kontinuierliche Aufbauarbeit von Trainer Eduard Geyer und die des Umfeldes genau beobachtet.

Dennoch, bis ins Berliner Olympiastadion ist es ein weiter Weg – von Cottbus aus.

Daß die Mannschaft mit ihrem Kampfgeist, Mannschaftsgeist und Trainingsfleiß mit der 2. Liga würde mithalten können, habe ich mir gedacht. Daß sie so stark gegen Erstligisten spielen ... gegen Duisburg war auch Glück dabei, aber gegen St. Pauli und Karlsruhe waren die richtig überlegen. Die Karlsruher sagen: Gut, da war Schnee, und ein Profi kann nicht ... Ein Profi muß überall spielen können. Das sind billige Ausreden.

Ist der Cottbuser härter, der Karlsruher womöglich verweichlicht? Der Cottbuser Erfolg wird in diesen Tagen gerne als politische Metapher verstanden.

Ich sage: Fußball ist natürlich identitätsstiftend. Mit Fußball verbinden Sie jede Region. Alle Grenzen gehen da weg, wo sonst die Leute sagen: Wir sind das Dorf. Aber man sollte nicht sagen, hier hat Osten gegen Westen gespielt. Das mag ich nicht. Hier wollte eine Mannschaft in die 2. Liga, und das hat sie geschafft. Und dazu hat sie noch ein Sahnehäubchen bekommen, daß sie in dieses Pokalfinale gekommen ist.

Energie-Präsident Dieter Krein hat den Erfolg über Karlsruhe als Indiz dafür gedeutet, daß „der Osten mithalten“ könne.

Ja, weil auch immer so gefragt wird. Es wird auch immer so hingestellt: Ja wo liegt denn Cottbus? Da fliegen doch noch Briketts durch die Luft! Das ist doch schon Polen. Wer weiß, ob die überhaupt einen Ball kennen. Das kann natürlich frustrieren. Es ist so: Jeder identifiziert sich mit dem Sieger. Das ist eine ganz einfache menschliche Eigenschaft. Ob das im Sport ist oder in der Politik: immer zum Sieger.

Also doch eine Metapher? Cottbus gehört jetzt zu den Siegern.

Ich sage: Wir freuen uns. Das ist für unsere Region gut. Es hat den Bekanntheitsgrad von Cottbus unheimlich erhöht.

Und sein Image zum Positiven gewendet?

Auch das. Aber im Sport ist es so: Nach drei Niederlagen fangen die Fans zu murren an. Wenn aber aufgrund des Fußballs dieser und jener sagt, ich fahr' mal nach Cottbus, guck' mir das an; die haben erfolgreichen Fußball gespielt, haben sich Ziele gesetzt und sie erreicht. Das würde mich freuen. Zu den weichen Wirtschaftsfaktoren gehört auch der Sport.

Er kann die verlorenen Arbeitsplätze nicht ersetzen.

Nein, aber er kann vieles erleichtern. Eine positive Stimmung ist immer gut.

Herr Kleinschmidt, Hand darauf, wo schlägt denn nun das Herz des Fußballs?

Wenn Energie dieses Pokalfinale gewinnt, dann schlägt das Herz des Fußballs natürlich in der Lausitz, das ist klar. Die Voraussetzungen sind gegeben. Es kann für Cottbus gut ausgehen. Interview: Peter Unfried