Wie erleben Sie den Klimawandel? Folge 7: Umweltaktivistin Carolina Herrmann in Südbrasilien
:

Ort: Rio Grande do Sul, SüdbrasilienKlimawandel: 1. Hurrikan im SüdatlantikBetroffen: Hunderttausende

Während an diesem Montag in Nairobi die Weltklimakonferenz begann, wehten mal wieder über den südbrasilianischen Bundesstaat Rio Grande do Sul heftige Böen. Häuser, Kirchen und Getreidesilos wurden abgedeckt. Im Großraum Porto Alegre kam es zu Stromausfällen.

„Das ist nichts Neues“, sagt mein Nachbar Silvino Seiffert achselzuckend. Als Kind wohnte der heute 60-Jährige im Landesinneren. Er erinnert sich gut, wie er nach heftigen Stürmen mit seinem Vater ramponierte Scheunen und Ställe reparierte. „Aber der Hurrikan ‚Katarina‘ vor zwei Jahren, das war schon eine andere Qualität“, meint der Agrarökonom. Das findet auch Carolina Herrmann. Die 26-jährige Architektin engagiert sich bei „Friends of the Earth“ gegen den Klimawandel und sagt: „Fast immer halten die Leute erst nach einer Katastrophe inne und fangen an zu denken.“

So wie bei dem Sturm, der in der Nacht vom 27. auf den 28. März 2004 vom Atlantik her mit 180 Stundenkilometern über die Stadt Torres und die Nachbarorte des angrenzenden Bundesstaats Santa Catarina hereinbrach. An Land starben vier, auf hoher See sieben Menschen, 33.000 wurden obdachlos, in der Landwirtschaft entstand ein Millionenschaden. „Im Morgengrauen sah unsere Stadt wie ein Schlachtfeld aus“, erinnert sich der Journalist Saulo Machado aus Araranguá. „Im Stadtzentrum lagen jahrhundertealte Bäume herum, als hätte ein Riese Unkraut ausgerissen.“

Obwohl die einheimischen Meteorologen rechtzeitig gewarnt hatten, spielten die Medien den Sturm herunter. Erst ein gutes Jahr später stufte ihn das Nationale Institut für Raumforschung als Hurrikan ein – es war der erste überhaupt im Südatlantik.

Umweltschützer werden in erster Linie als Entwicklungshindernis wahrgenommen.

Skeptisch verfolgt auch Caroline Herrmann den Vorstoß der brasilianischen Regierung in Nairobi, den Industriestaaten einen Fonds zum Schutz Amazoniens schmackhaft machen zu wollen: „Wer zahlt schon etwas ohne Gegenleistung?“ GERHARD DILGER