piwik no script img

■ VorschlagSkalitzer rules o.k. – Salaryman und Superchunk im Knaack-Club

Nachdem MTV seine Awards für den besten männlichen Solosänger und die besten weiblichen Spice Girls verteilt hat, könnte das Popjahr eigentlich schlafen gehen. Doch vorher gilt es noch schnell den Preis für den großen tollen Indie-Hype-Coup 97 zu verleihen. Und gewonnen hat... City Slang, das Label aus der Skalitzer Straße, wo von Lambchop bis Courtney Love lauter prima Platten herauskommen. Selbst eine ehrwürdige Nachrichtenagentur wußte im Juli dieses Jahres zu berichten, daß sich dort Ungeheuerliches abspiele: Man habe, so hieß es, mit Salaryman aus Somewhere, USA, eine Band unter Vertrag gesignt, von der es weder Fotos noch Klarnamen gebe. Bald darauf verlautete, auftreten würden sie schon, aber wenn überhaupt, dann nur versteckt hinter Fernsehern – die Members of Salaryman wären nämlich blöderweise eigentlich in einer anderen, nicht ganz unbekannten Band.

So mußte man sich vorerst mit ihrem gleichnamigen Tonträger begnügen, der, abgesehen von seiner würzigen 38-Minuten-Kürze, gleich über einige spielentscheidende Vorteile verfügt: analoge und digitale Keyboards, Drum Machines, ein richtiges Drumkit und eine verhaltene Gitarre treffen sich im Keller zum Jammen im Wäschetrockner. Folglich ist die sich wiederholende Bewegung das große Rollen, das sich an seinen Rändern noch einmal rockmäßig flott wie eine japanische Rennmaschine mit zweihundert Sachen in die große Kurve legt, aber auf der langen Distanz doch eher wie eine orientalisch angehauchte Techno-Big-Band rüberkommt. Wabernde Orgelsounds auf allen drei Etagen, verfremdete Kurzwellensamples, polyrhythmische Orgien...

Wer trotzdem meint, die Band wäre besser bei ihren Leisten geblieben, kann sich immer noch an den ebenfalls bei City Slang beheimateten Superchunk laben. Obwohl Superchunk-Sänger Mac Mc Coughhan auf seinem recommended Lieblingstape so schniekes Zeugs wie Mouse on Mars, Aphex Twin und Miles Davis versammelt, wird sich das nette Quartett aus Chapel Hill, North Carolina, auch auf dem inzwischen x-ten Album „Indoor Living“ nicht untreu. Luftsprünge statt Quantensprünge scheint noch immer das Motto zu sein – wobei allerdings der ewige Spagat zwischen Pop und Punk dann auch mal zu stillen Tagen im Indie-Rock-Klischee führt. Aber in guten Minuten sind sie immerhin fast so gut wie Sebadoh plus Dinosaur Jr. geteilt durch Green Day. Gunnar Lützow

Salaryman und Superchunk, heute abend ab 21 Uhr im Knaack- Club, Greifswalder Straße 224, Prenzlauer Berg

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen