Neue Partei in Belgien

■ Vater von Dutroux-Opfer will mit Organisation für Justizreform kämpfen

Berlin (taz) – Der Vater eines der Opfer der Dutroux-Kinderschänderbande, Paul Marchal, will eine eigene Partei gründen. Marchal kündigte am Mittwoch im flämischen Hasselt an, er werde die „Partei für eine Neue Politik“ (PNP) ins Leben rufen. Die Partei, der auch Marchals Ehefrau angehören wird, soll sich vor allem für die Reform der Justiz und der Polizei einsetzen.

Marchals Tochter An war zusammen mit ihrer Freundin Eefje von dem vorbestraften Sexualverbrecher Marc Dutroux entführt worden. Die Leichen der beiden 17jährigen waren im September vergangenen Jahres auf dem Grundstück eines Dutroux-Hauses gefunden worden. Der Dutroux-Bande wird die Entführung von vier weiteren Kindern zur Last gelegt. Zwei von ihnen konnten von der Polizei noch lebend befreit werden, die achtjährigen Julie und Melissa wurden tot aufgefunden.

Das Versagen von Polizei und Justiz, die offenbar frühzeitig über Hinweise auf Dutroux verfügten und das Leben der Kinder hätten retten können, löste im Oktober den „Weißen Marsch“, eine Massendemonstration von über 300.000 Menschen in Brüssel, aus. Die belgische Regierung versprach der Bevölkerung Reformen bei den Sicherheitskräften, die bislang jedoch ausblieben, klagt Parteigründer Marchal. Er fordert härtere Strafen für Kinderschänder und eine effizientere Bekämpfung der Organisierten Kriminalität.

Seine Partei wolle sich aber nicht nur für die Opfer von Verbrechen einsetzen, sondern sich zu allen relevanten politischen Themen äußern. Marchal nennt unter anderem den Schutz der armen Bevölkerung sowie die Chancengleichheit von Frau und Mann. Anders als die traditionellen Parteien stelle er damit den Mensch in den Mittelpunkt der Politik. Die Gründung einer neuen Partei sei der einzige Weg, das Land aus dem „Sumpf von Korruption, Rassismus und mangelnder Glaubwürdigkeit der traditionellen Parteien herauszuführen“, betonte Marchal. Er gehe in die Politik, weil er sein Interesse sonst nicht angemessen vertreten könne. „Als Vater kann ich in der Presse nicht präsent bleiben, in zwei Jahren wäre ich vergessen“, sagt Paul Marchal.

Eine Umfrage der belgischen Zeitung La Derniere Heure ergab, daß 9,4 Prozent der Belgier der Partei bei den nächsten Wahlen ihre Stimme geben würden. Und das, obwohl es noch kein Programm gibt. Das wollen die Parteigründer demnächst vorlegen. su