Die Zypernfrage spaltet die EU

Offiziell ging es bei der Europakonferenz in London gar nicht um Zypern – im Hintergrund aber bestimmte das Thema das Treffen mit den Beitrittskandidaten  ■ Aus London Alois Berger

Das Bemerkenswerteste an der ziemlich inhaltsleeren Europakonferenz in London war die Begleitmusik. Die Konferenz leitet den Erweiterungsprozeß der Europäischen Union ein, wie er beim EU- Gipfel im Dezember in Luxemburg beschlossen worden war. Die konkreten Aufnahmeverhandlungen mit Estland, Polen, Slowenien, Tschechien, Ungarn und Zypern sollen Ende März beginnen.

Nordzypern weigert sich, an der zypriotischen Delegation teilzunehmen, mit der die EU in drei Wochen die Aufnahmeverhandlungen beginnen will. Paris sieht damit die Vorbedingungen nicht erfüllt. Schließlich hätten die 15 EU-Regierungschefs vor drei Monaten in Luxemburg festgelegt, daß die Aufnahmeverhandlungen mit einer gesamtzypriotischen Delegation geführt werden sollte. Bis zu einem Beitritt, so die französische Regierung, müsse die Teilung der Insel überwunden sein.

Das sieht nicht nur die griechische Regierung anders, die Zypern um jeden Preis in die EU hieven will. Athen drohte sogar, die Verhandlungen mit den anderen fünf Beitrittskandidaten, Polen, Ungarn, Tschechien, Estland und Slowenien, zu blockieren, wenn Zypern wegen der Teilung zurückgesetzt würde. Notfalls könne eben nur der griechisch-zypriotische Teil der Insel in die EU aufgenommen werden.

Vorsichtiger, aber im Kern ähnlich, äußerte sich auch der Luxemburger Premier Jean-Claude Juncker: Nordzypern stehe unter dem Einfluß der Türkei. Die Einheit Zyperns als Vorbedingung würde faktisch ein Vetorecht der Türkei bei der Erweiterung bedeuten, mit dem sie die EU erpressen könnte: „Das kann nicht sein.“

Die Situation ist verfahren, aber hinter dem Lärm steht ein positives Signal: Mit der Beitrittszusage an Zypern hat sich die EU ein Problem an den Hals gehängt, vor dem sie sich lange gedrückt hat. Das geht jetzt nicht mehr. Ab jetzt steht die Lösung des Zypern-Problems auf der Tagesordnung der EU weit vorn. Dafür wird schon die griechische Regierung sorgen. Die EU wird nicht darum herumkommen, sich die Zustimmung der Türkei zu erkaufen. Der Preis ist nicht die von Ankara geforderte EU-Mitgliedschaft. Das will, von Sonntagsreden abgesehen, keine einzige der EU-Regierungen. Aber die EU hat der Türkei mehrere Milliarden Mark Finanzhilfen zugesagt, deren Auszahlung Athen seit Jahren blockiert. Je unnachgiebiger Griechenland auf den Zypern-Beitritt pocht, desto mehr zwingt es die EU, das längst Überfällige zu tun: die griechische Regierung weichzuklopfen, damit sie ihren engstirnigen Widerstand gegen die Finanzhilfen an die Türkei endlich aufgibt.