BVG tourt etwas fremdsprachig

■ Damit sich Touristen in der Stadt nicht verirren, bemüht sich die BVG, auch fremdsprachige Führungen anzubieten. Fahrer auf der 100er-Linie dürfen ins Sprachlabor, andere nur berlinern

Dem Kunden die Bedürfnisse von den Lippen abzulesen, noch bevor er diese überhaupt bewegt hat – mit Eilfertigkeiten dieser Art empfiehlt die Dienstleistungsgesellschaft ihre Vorzüge. Ungefähr 3,4 Millionen Touristen, die jährlich Berlin besuchen und denen Taxifahrten zu teuer sind, wären potentiell auf den Service des größten Berliner Dienstleistungsunternehmens angewiesen: der BVG. Da nur ein Teil der Besucher aber Deutsch beherrscht, wäre es obsolet, an touristischen Ankunftsorten wie Flughäfen und Fernbahnhöfen mit fremdsprachlichem Informationsmaterial präsent zu sein.

Mangelhaften Busfahrtsservice finden ausländische Besucher nicht nur an den Flughäfen Tegel und Schönefeld, sondern auch am Bahnhof Zoo vor: die graubejackten Mitarbeiter des Fahrgastservice sprechen meist nur deutsch, denn fremdsprachliche Fortbildungsmöglichkeiten werden ihnen nicht angeboten. Indessen soll die rund 300 Meter entfernte Touristeninformation im Europacenter über die Informationen verfügen, die am Zoo rar sind.

Die Touristeninformation des Europacenter, beschaulich in der Budapester Straße gelegen und unsichtbar für die Touristen auf dem Ku'damm oder Breitscheidplatz, ist auf die BVG allerdings gar nicht gut zu sprechen. Die letzte Lieferung mit Informationsmaterial liegt dort inzwischen anderthalb Jahre zurück.

Informationen für Orientierungsbedürftige verspricht dafür ein Computer mit praktischem Touchscreen am Wittenbergplatz mit englisch-, französich- und spanischsprachigen Erläuterungen. Die Handhabung der Software erweist sich aber für Ungeübte als kompliziert. „Bei der Informationspolitik gibt es sicherlich einige Defizite, gerade im Flughafenbereich“, räumt man bei der BVG- Pressestelle ein und verweist statt dessen auf Sprachschulungen, die für Busfahrer auf der von Touristen vielbefahrenen 100er-Linie und den Flughafenbussen angeboten werden.

Wirklich für touristische Bedürfnisse zugeschnitten ist hingegen die „Welcome Card“. Für 29 Mark bietet sie für einen Erwachsenen und drei Kinder die Möglichkeit, drei Tage lang in Berlin und Umgebung die Busse sowie U- und S-Bahnen zu benutzen. Kaufen kann man sie allerdings nur in einigen Hotels, der Touristeninformation und den Verkaufsstellen des Verkehrsverbundes Berlin- Brandenburg, nicht aber am Fahrkartenautomaten der BVG.

Daß aber auch die BVG bisweilen so kann, wie die Dienstleistungsgesellschaft verspricht, belegt der Bereich Charter und Touristik. „In jeder der bekannteren Weltsprachen“, so betont Hans- Peter Neuß, Leiter der Stadttouristik der BVG, „bieten wir die Möglichkeit, Touristengruppen durch Berlin zu führen. Wenn sie einen japanisch sprechenden Reiseleiter benötigen, dann stellen wir ihnen morgen einen zur Verfügung.“ Flexibilität und die schnelle Verfügbarkeit seiner Busse an betuchte Touristen ist für Neuß oberstes Gebot.

Für Touristen, die zur schlechter informierten und transportierten Gruppe derer gehören, die nicht im Hilton absteigen, hat ein leitender Angestellter der BVG allerdings einen diskreten Trost parat: „Unsere Kontrolleure sind angewiesen, genau hinzuschauen und bei offensichtlich ungenügend beratenen Touristen schon mal ein Auge zuzudrücken.“ Nils Michaelis