Chirac will die Umweltrevolution

Der französische Präsident fordert eine eigenständige und schlagfertige UN-Umweltorganisation, die den Kampf gegen den Klimawandel aufnehmen soll. Dagegen sperren sich die USA und die „G 77“-Staaten

PARIS taz ■ Früher wurden Revolutionen in Frankreich noch vom Volk gemacht. Heute fordert sie der Staatspräsident. „Jetzt ist nicht die Zeit für halbherzige Aktionen. Es ist Zeit für eine Revolution“, erklärte Jacques Chirac Freitagabend. Der scheidende französische Präsident nutzte die weltweite Aufmerksamkeit für das Thema Umwelt und Klima, die der Report des UN-Klimagremiums IPCC in Paris erregt hatte. Auf der Konferenz „Bürger der Erde“, zu der Chirac Politiker, Forscher und Vertreter der Umweltbewegungen eingeladen hatte, rief er zu einer „großen internationalen Mobilisierung gegen die ökologische Krise und für ein umweltverträgliches Wachstum“ auf. Für Chirac das beste Mittel dafür: die Aufwertung des UN-Umweltprogramms Unep zu einer eigenständigen UN-Umweltorganisation (UNEO).

„In Rio, Johannesburg, Montreal und Kioto hat sich die internationale Gemeinschaft zusammengefunden“, so Chiracs „Pariser Appell“. „Aber wir müssen weiter gehen, effizienter, schneller, konzentrierter und ambitionierter werden.“ Nach dem Vorbild der Weltgesundheitsorganisation sollte eine UNEO ein eigenes Budget bekommen und die bisher auf verschiedene Behörden zerstreuten Kompetenzen bündeln. Vor allem den Kampf gegen den Klimawandel sollte eine UNEO voranbringen.

Etwa 50 Staaten hat Frankreich schon für die Idee begeistern können, hieß es auf der Konferenz. Widerstand kommt vor allem aus den USA, die zusätzliche UN-Gremien grundsätzlich ablehnen und aus den Schwellen- und Entwicklungsländern der „G 77“ Ökoauflagen für ihre Industrialisierung befürchten. Deren Standpunkt konnte der deutsche Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) auf der Konferenz gut nachvollziehen. Er gab seine vorbereitete Rede zu Protokoll und redete sich den Ärger von der Seele: „Wäre ich ein Delegierter aus den G-77-Staaten, würde ich den Industriestaaten auch kein Wort glauben. Wenn uns der Klimawandel so wichtig ist, warum ist er kein Thema für die Staatschefs? Die Industrieländer sind nicht gewillt, ihr technisches Know-how zu teilen, und auch nicht gewillt, die Anpassung an den Klimawandel in den armen Ländern zu finanzieren. Das ist kein technisches Problem, sondern ein Problem des politischen Willens.“ Dann schloss Gabriel seine Ausführungen auf Englisch mit der Erkenntnis: „Ich werde nie ein guter Diplomat.“

BERNHARD PÖTTER