Stammhalter garantiert ohne Sex

US-Mediziner haben eine treffsichere Methode zur Vorauswahl des kindlichen Geschlechts entwickelt. Ob das Verfahren in Deutschland zugelassen wird, ist fraglich  ■ Von Wolfgang Löhr

Berlin (taz) – Der inzwischen zweijährige Jesse Collins ist das erste Kind, das Reproduktionsmediziner an der privaten Fortpflanzungsklinik Genetics & IVF Institute in Fairfax, Virginia, mit einer neuen Technik gezeugt haben. Daß Jesse ein Junge wird, wußten die Eltern schon vor der Befruchtung. Möglich ist das durch ein neues Verfahren, das nahezu hundertprozentig die Spermien auftrennen kann, je nachdem, ob sie das männliche Y-Chromosom oder das weibliche X-Chromosom enthalten. Mit Hilfe der geschlechtsspezifischen Spermientrennung kann der Wunsch der Eltern nach einem Michael oder einer Michaela erfüllt werden. Das erläuterte der Projektleiter des IVF-Instituts, Edward Fugger, bei der Vorstellung der neuen Methode.

Um die Spermien trennen zu können, wird das Erbgut mit einem fluoreszierenden Farbstoff versehen. Ein Analysegerät trennt die Spermien in zwei Fraktionen. Je nach Wunsch der Eltern können dann Eizellen der Mutter mit männlichen oder weiblichen Spermien befruchtet werden.

Die Zuverlässigkeit seines Verfahrens gibt das IVF-Institut in Fairfax mit 92,9 Prozent an. Insgesamt 29 Schwangerschaften wurden mit der neuen Methode eingeleitet. Neun von ihnen hätten ein Mädchen zur Welt gebracht, heißt es in einer Erklärung des IVF.

„Ich halte das Verfahren für sehr umstritten“, sagte Markus Montag von der Arbeitsgemeinschaft Reproduktionsbiologie des Menschen zu der neuen Methode. In Deutschland würde das keine Ethikkommission erlauben, meint der Biologe von der Uni-Frauenklinik Bonn. Zudem seien die fluoreszierenden Farbstoffe nicht unbedenklich. Ob die Methode nach dem deutschen Embryonenschutzgesetz tatsächlich nicht erlaubt ist, weiß Montag aber nicht sicher. Nach diesem Gesetz ist es zwar verboten, eine künstliche Befruchtung mit einer nach dem Geschlechtschromosom ausgewählten Samenzelle durchzuführen. Aber ob eine Insemination, die nicht im Reagenzglas durchgeführt wird, sondern bei der die Spermien direkt in die Gebärmutter der Frau eingeführt werden, auch als künstliche Befruchtung angesehen wird, ist umstritten. Marina Steindor, Gentechnikexpertin der grünen Bundestagsfraktion, meint hingegen, daß die Insemination nicht vom Gesetz erfaßt werde: „Hier ist eine Lücke im Gesetz“.