Freiwillige Öko-Audits sollen belohnt werden

■ Das Land Niedersachsen will Umweltschutz in Unternehmen weniger kontrollieren

Berlin (taz) – In Niedersachsen sollen Betriebe, die sich einem freiwilligen Öko-Audit unterziehen, künftig von behördlichen Tests verschont bleiben. Dies bestätigte die Pressesprecherin des niedersächsischen Umweltministeriums, Uta Kreutzenbeck, der taz. „Bestimmte Tests müssen einfach nicht doppelt gemacht werden.“

Diese Vereinfachung beträfe beispielsweise die Dokumentation bestimmter Daten, etwa von Umweltkennzahlen, die bislang doppelt nachgewiesen werden müßten, und spare Verwaltungsarbeit. Die Gewerbeaufsichtsämter könnten ihre Arbeit auf Unternehmen konzentrieren, die noch nichts für den Umweltschutz tun.

Die Entscheidung, ein Öko-Audit durchzuführen, ist für Unternehmen zwar freiwillig, doch das Verfahren unterliegt ganz bestimmten Kriterien. Mit der Einrichtung eines Öko-Audit-Systems verpflichten sich die Betriebe, den betrieblichen Umweltschutz, wie die Reduzierung des Papier- oder Stromverbrauchs, kontinuierlich zu verbessern. Um diese selbstformulierten Ziele zu erreichen, führen die Unternehmen ein Managementsystem (Umweltmanagement) ein und veröffentlichen ihre Ergebnisse in einer Umwelterklärung in Form einer Broschüre. Solche Audits sind für viele Betriebe vor allem als Form der Imagepflege attraktiv. Von unabhängigen Gutachtern zertifizierte Betriebe dürfen nämlich mit ihren Bemühungen für den Umweltschutz werben.

„Wenn wir die behördlichen Kontrollen zurückschrauben, fällt die Verantwortung für eine umweltgerechtere Unternehmenspolitik in die Hände der Betriebe“, meint Stefan Lütges, Geschäftsführer des Umweltgutachterausschusses, der die Prüfungsrichtlinien für Gutachter festlegt.

Gertrude Lübbe-Wolff, Professorin für Öffentliches Recht an der Universität Bielefeld, kritisiert diese Maßnahmen jedoch heftig. In der Monatszeitschrift des Wirtschaft- und Sozialwissenschaftlichen Instituts in der Hans-Böckler- Stiftung beklagt sie, daß sich Unternehmen nun mit Hilfe der Öko- Audits die behördliche Umweltaufsicht „vom Hals schaffen“ könnten. Ihrer Ansicht nach überprüfe der Gutachter nach anderen Kriterien als die Behörden. Darüber hinaus dürfe man sich „über den Charakter der Unabhängigkeit des Umweltgutachters keine Illusionen machen“. Denn dessen Position ist nicht einfach: Einerseits muß der Umweltgutachter seinen Kunden zufriedenstellen und andererseits gewissenhaft seiner Aufsichtspflicht nachkommen. Dabei konkurrieren relativ viele Gutachter um Aufträge relativ weniger Unternehmen. Nach Lütges Auffassung ist die Unabhängigkeit der Prüfer jedoch dadurch gesichert, daß sie sich alle drei Jahre einer Prüfung unterziehen müssen. In dieser Prüfung werden vorgenommene Zertifizierungen stichprobenartig noch mal nachvollzogen. Werden dabei Unstimmigkeiten festgestellt, kann einem Gutachter auch die Zulassung wieder entzogen werden. Die Nachprüfungen der ersten Umweltgutachter laufen. Katinka Patscher