Grünen-Parteitag: Jürgen Trittin geht – und Reemtsma kommt

Berlin (taz) – Nein, nicht Jan Philipp Reemtsma, der der gleichnamigen Stiftung in Hamburg vorsteht, wird eine Rede vor der Bundesdelegiertenkonferenz der Grünen halten, die heute abend beginnt – das wäre ja noch politisch korrekt. Vielmehr der Zigarettenkonzern, der ihm einst gehörte, wird die Grünen beglücken. Er wird all die versorgen, die als Gäste oder Presse zu dem Ereignis geladen sind. Das macht er seit Jahren bei der CDU, nun hat er bei den Grünen Premiere. Normal sterblichen Delegierten wird allerdings der Zugang zu der Reemtsma-Presselounge verwehrt sein. Dafür werden auch keine jungen Mädchen freundlich lächelnd durch den Saal schreiten und das hauseigene Zigarettensortiment anbieten. Diesen Service haben sich die Grünen denn doch verbeten.

Sonst hätte sich womöglich noch an dem Sponsoring die ideologieträchtige Debatte entzündet, die doch alle beim Hauptpunkt der dreitägigen Sitzung erwarten. Die Strukurreform wird allseits als so notwendig erachtet, wie ihre Ausgestaltung umkämpft ist. Die Landesverbände agieren zu autonom, die Bundeszentrale ist zu schwach, die Koordination zwischen beiden ist mangelhaft, so lautet die Diagnose der parteiinternen Misere. Dem soll durch die Schaffung eines Parteirats Abhilfe geschafft werden. Dafür wird der Bundesvorstand auf vier bis fünf Mitglieder verkleinert. Ihm soll ein Parteirat zugeordnet werden, dem der Bundesvorstand, die Fraktionsvorsitzenden und Minister aus Bund und Länder angehören sollen. So weit, so effektiv, wenn da nicht die Trennung von Amt und Mandat wäre, die eine solche Besetzung verbietet. Die Satzung muß folglich geändert werden. Dazu ist eine Zweidrittelmehrheit notwendig. Ob die erreicht wird, mag im Augenblick keiner zu prognostizieren.

Einfacher ist da schon die Voraussage, daß Gunda Röstel wiedergewählt und künftig Bundesvorsitzende und nicht mehr Sprecherin heißen wird. Ihr zur Seite wird künftig Antje Radcke stehen. Die Parteilinke aus Hamburg will die Nachfolge von Jürgen Trittin antreten, der Bundesumweltminister geworden ist. Weitere Kandidaten gibt es nicht. Dafür ist die Auswahl bei der Nachfolge der scheidenden Bundesgeschäftsführerin Heide Rühle größer. Für dieses Amt gelten Norbert Schellberg aus Berlin und Reinhard Bütikofer aus Baden-Württemberg als aussichtsreiche Kandidaten. Letzerer ist Realo, ersterer ist Mitte-links zu verorten. dr