: Fürs Fest auf Bart und Flügel getestet
■ Nicht jeder ist zum Weihnachtsmann geboren. Agenturen schulen daher jedes Jahr 800 Studenten für die heikelsten Kinderfragen
Wo wohnt eigentlich der Weihnachtsmann? Kann der Weihnachtsengel nicht mal eine Runde fliegen? Eine schöne Bescherung, wenn Weihnachtsmann und Engel auf diese Kinderfragen keine passende Antwort haben. Bei der studentischen Arbeitsvermittlung Tusma werden daher neue Anwärter für den „heiligen“ Job auf Bart und Flügel getestet.
Bis zum 24. Dezember werden 800 StudentInnen zu 10.000 Weihnachtsauftritten vermittelt. Neben Tusma schickt auch der Studentenservice „Heinzelmännchen“ Engel und Nikoläuse in die Weihnachtsstuben. Da jedoch durch Exmatrikulation jedes Jahr mehrere 100 Himmelsboten in den Ruhestand gehen, müssen spätestens im Herbst neue StudentInnen verpflichtet werden.
Wichtige Fragen werden bei Tusma geklärt: Wie klopft man an die Tür als Himmelsbote? Wie sorgt man für festliche Atmosphäre? Wie steht's mit Liedern und Gedichten? Dutzende Anwärter gibt es jedes Jahr, doch nicht jeder ist zum Weihnachtsmann geboren. Belastbar, souverän und gut vorbereitet sollte man sein.
„Am Heiligen Abend kochen die Emotionen ungeheuer hoch“, sagt Bernhard Band, der die Aufträge organisiert. „Die Kinder sind unheimlich gespannt, die Eltern haben hohe Erwartungen, es ist heiß und immer öfter wird auch noch alles auf Video festgehalten.“
Denn eine Bescherung kostet immerhin 47 Mark, mit Engel das Doppelte. Dann muß der Weihnachtsmann schon wissen, ob das Kind artig war, wofür es die Geschenke bekommen soll und wie das Gedicht weitergeht, das unsicher vorgetragen wird. „Die Kinder glauben an den Weihnachtsmann, da hat man schon ziemlich viel Verantwortung“, sagt Band.
Kein Bart darf wackeln, kein Flügel abknicken. „Keine Armbanduhr, kein Handy, keine Turnschuhe“ – Bernhard Band kennt in solchen Dingen kein Pardon. Die Illusion und die Autorität müßten gewahrt bleiben.
Mit dem Vorgespräch ist die Ausbildung daher nicht abgeschlossen: Eine Schulung bringt den akademischen Weihnachtsengeln und -männern die letzten Tricks bei.
Mancher hat sich allerdings als Naturtalent entpuppt. Wo er denn seinen Schlitten geparkt habe, sei er gefragt worden, erzählt ein Student. „Den hab' ich am Alexanderplatz abgestellt. Und dann bin ich mit dem Taxi hergekommen.“ Und warum? „Na, Rentiere darf man in Berlin doch nur am Alex parken.“ Ocke Bandixen
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