110 LehrerInnen werden umgesetzt

■ Schulverwaltung will Unterrichtsausfall mildern. GEW kritisiert „Gießkannenprinzip“ und fordert Einstellung von 1.000 neuen Lehrern

Wenn am Montag die Schule wieder anfängt, werden 110 LehrerInnen überwiegend aus dem Ostteil der Stadt in Schulen in den Westteil versetzt. Von diesen haben knapp 40 LehrerInnen vorher an Oberschulen unterrichtet, der Rest kommt von Grund- und Sonderschulen. Mit der Umsetzung soll der ständige Unterrichtsausfall an rund 40 Schulen gemildert werden, sagte der Leiter des Landesschulamtes, Wolfgang Schimmang, gegenüber der taz.

Der Unterrichtsausfall sei eine „Häufung von unglücklichen Zufällen“, so Schimmang. Viele der LehrerInnen seien langfristig erkrankt. An manchen Schulen seien schon immer Lehrkräfte für bestimmte Fächer wie Musik, Naturwissenschaften und Sprachen rar gewesen. Bei Erkrankungen, Klassenfahrten oder Fortbildungen sei die Lücke dann besonders groß. Außerdem scheiden rund 1.000 LehrerInnen pro Schuljahr aufgrund von Pensionierung und Tod aus. Ingesamt gibt es in Berlin derzeit 34.500 tätige aktive Lehrkräfte.

Rund vier Prozent der LehrerInnen sind als Vertretungen eingeplant. Doch, so kritisiert der SPD-Schulexperte Peter Schuster, seien diese bereits in Schulen eingesetzt und deshalb nicht mehr abrufbar. Er fordert einen Pool von VertretungslehrerInnen, die insbesondere in Grundschulen kurzfristig einspringen können. Außerdem solle ein Teil der Vertretungen mittelfristig zur Verfügung stehen.

Für Notfälle sollten nach Schusters Ansicht LehramtsstudentInnen höherer Semester auf Honorarbasis eingesetzt werden. „Der Unterrichtsausfall kann nicht mehr hingenommen werden“, sagt Schuster. Der Schulpflicht der SchülerInnen stehe die Pflicht des Staates gegenüber, einen ordnungsgemäßen Unterricht zu gewährleisten.

Auch Landesschulamtschef Schimmang findet den Vorschlag, Honorarkräfte einzustellen, „interessant“. Er verweist jedoch auf die 2.700 BewerberInnen, die bereits als Lehrkräfte ausgebildet sind und einen Job suchen. „Wir brauchen zum nächsten Schuljahr neue Lehrer, um Qualität und Quanität zu sichern“, sagt Schimmang. Genaue Zahlen wollte er aber nicht nennen. Er prognostiziert jedoch einen „dreistelligen“ Bedarf. Im vergangenen Schuljahr wurden zirka 450 Lehrkräfte eingestellt, die größtenteils Stellen auf Zweidrittelbasis bekamen.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschft (GEW) fordert 1.000 neue Stellen für das nächste Schuljahr. „Außerdem sollten die Vertretungsmittel auf zehn Prozent hochgeschraubt werden“, so die Sprecherin Erdmute Safranski. Die GEW kritisiert die Umsetzung der 110 LehrerInnen: Das würde nach dem „Gießkannenprinzip“ geschehen und „wieder Löcher in Schulen reißen“, sagt der GEW- Vorsitzende Erhard Laube. Deshalb sollten nicht erst im nächsten Schuljahr, sondern bereits jetzt neue LehrerInnen eingestellt werden. „Für das nächste Halbjahr erwarten wir sonst weitere erhebliche Unterrichtsausfälle“, so Laube. Die Verhandlungen zwischen der Schulverwaltung und der GEW über neue Einstellungen beginnen noch in diesem Monat. Julia Naumann