: Laurent Kabila schwimmen die Felle davon
Verliert der Präsident der Demokratischen Republik Kongo seine ausländischen Freunde? Wachsende Nervosität in der Hauptstadt Kinshasa und Abwehrkämpfe an der Kriegsfront gegen die RCD-Rebellen ■ Von Dominic Johnson
Berlin (taz) – Sie hatten Landkarten bei sich und inspizierten das Gelände um den Flughafen von Kinshasa, als sie festgenommen wurden. Sie seien nur auf „Routinemission“, protestierte zwar das britische Außenministerium gegen die Verhaftung von fünf Mitarbeitern der britischen Botschaft in der Demokratischen Republik Kongo – aber was für eine: nämlich die „Überprüfung unserer Evakuierungspläne im Falle einer Notsituation in Kinshasa“. Die Regierung von Präsident Laurent Kabila nannte das einfach „Spionage“ und verwies die fünf gestern des Landes.
Die Londoner Darstellung der Aktivitäten der Briten kann als relativ brutaler Hinweis an den kongolesischen Präsidenten Laurent Kabila gedeutet werden, er solle sich auf ein Herannahen der Kriegsfront an die Hauptstadt einstellen. Das Kabila-Regime, das bisher von Angola, Namibia, Simbabwe, Sudan und Tschad militärisch unterstützt wird, verliert langsam den Krieg gegen die Rebellen der „Kongolesischen Sammlung für Demokratie“ (RCD), die mit Hilfe von Uganda und Ruanda die Osthälfte des Landes kontrollieren. Über die militärische Lage sind kaum Informationen zu erhalten, aber es deutet sich an, daß wichtige Verbündete Kabilas die Lust verlieren.
Berichten zufolge hat Angola, das die stärkste Armee im Kongo besitzt, einen Teil seiner Kongo-Truppen wegen des neuen Bürgerkrieges im eigenen Land abgezogen und steht nur zur Verteidigung Kinshasas bereit. Namibias Regierung äußerte bereits den Wunsch, ihr militärisches Engagement zu beenden. Die Regierung des Tschad, die 2.000 Soldaten im Norden des Kongo stehen hat, hat sich für eine Verhandlungslösung ausgesprochen und hat dazu Kontakt mit Uganda aufgenommen.
Lediglich Simbabwe, das mit 10.000 Mann das größte ausländische Truppenkontingent auf Kabilas Seite unterhält und wirtschaftliche Interessen in Kongos Bergwerken hat, entstandte diese Woche frische Soldaten in den Süden des Kongo. Die kommen aber kaum zum Zuge, da das an beide Länder angrenzende Sambia aus Angst vor einer Einbeziehung in den Krieg Grenzen und Luftraum gesperrt hat.
Massive Fluchtbewegungen aus dem Südosten des Kongo Richtung Sambia, an denen auch kongolesische Regierungssoldaten beteiligt sind, deuten auf einen Kollaps der Kabila-Front in dieser Region hin. Die RCD-Rebellen starteten nach eigenen Angaben Mitte Februar eine Großoffensive mit 60.000 Mann in allen Landesteilen mit dem Fenziel Kinshasa. Sie behaupten, vor allem im Zentrum des Landes auf dem Vormarsch zu sein und auf die wichtige Diamantenstadt Mbuji-Mayi vorzurücken. Der Gouverneur der dortigen Provinz Ost-Kasai, Omar Nkamba, wurde von der Regierung deswegen festgenommen und durch den bisherigen Außenminister ersetzt. Die UNO berichtete am Mittwoch, RCD-Vortrupps seien bereits 200 Kilometer östlich von Kinshasa gesehen worden.
Kabila kann solche Vorstöße nur mit Hilfe fremder Truppen aufhalten. Über gut ausgebildete eigene Soldaten verfügt er nicht, weil der Großteil seiner Armee zu Beginn der RCD-Rebellion im August 1998 zu den Rebellen überlief. Wenn auch die ausländischen Freunde sich rar machen, muß Kabila entweder neue suchen – er hat jetzt bei Nigeria nachgefragt – oder andere Mittel suchen. Bereits jetzt setzt er für seinen Krieg zunehmend auf Milizen – „Mayi-Mayi“-Stammesmilizen und etwa 15.000 ruandische Hutu-Kämpfer.
Auf ein baldiges Ende des Krieges deuten diese Entwicklungen nicht hin. Eher bahnt sich eine Situation an, in der Kabila nominell weiter regiert, aber gegen die Rebellen einen Guerillakrieg führen muß. Die RCD setzt für diesen Fall auf ihre militärische Überlegenheit und hofft, im Ausland als Stabilitätsfaktor anerkannt zu werden. RCD-Präsident Ernest Wamba dia Wamba sagte diese Woche: „Der Schlüssel besteht darin, daß Kabila keine Schlachten gewinnt.“
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