piwik no script img

Die Woolworth-Lola

■ Punks! Kiffen! Achtziger! Phil Tägert und seine neue Show im Mehringhof-Theater

Daß seine Fans fast alle um entscheidende Jahre jünger als er selbst sind, muß dem 32jährigen Allround-Humoristen wohl schon klar gewesen sein. Einen Namen wie Sid Vicious setzt er lieber nicht als bekannt voraus.

Wenn Phil Tägert seine Jugend (Punks! Kiffen! Achtziger Jahre!) den Nachgeborenen zu erklären versucht, verliert er sich gerne in Abschweifungen mit nostalgischer Attitüde. Und wir, die Generationskumpanen, lauschen seinen Geschichten und denken: Ja, so war's – und alle anderen lachen.

Phil Tägert, der Comic-Zeichner, „Didi & Stulle“-Erfinder und einst verhinderter Punkrocker, macht sich mit seiner elektronisch verstärkten Klampfe auf der Bühne mindestens genauso gut – und komisch ist's auch. Warum das so ist, läßt sich jedoch gar nicht erklären. Denn als Comedy-Entertainer ist Tägert eine Schlampe. Seine Songs sind halbfertig, die Reime quälen sich, die Akkorde schrubbeln eine vage Melodie.

Ein paar bunte Perücken machen optisch was her, und für den zweiten Teil der Show schlüpft Tägert auch noch in einen silbernen Minirock. Mit der Rothaarperücke sieht das aus wie „Lola rennt“ in der Woolworth-Version, soll aber Ex-Spice-Girl Gary Halliwell sein – damit die Teenies der Neunziger auch mal eine ihrer Identifiaktionsfiguren persifliert sehen.

Ansonsten besingt Phil das Leid der Sandwichkinder (die zwischen Erstgeborenen und Nesthäkchen), deckt eine Verschwörung bei H & M auf (Hitler & Mussolini!), und zwischendurch kommt Sharky, seine plüschige Hai-Handpuppe zum Einsatz, mit der er sich als schlechter Bauchredner präsentiert, als charmanter Dilettant. So blöde Reime fallen ihm ein, wie sie Helge Schneider schon lange nicht mehr gelingen. Da darf er auch mal ein schlampig vorbereitetes Programm abliefern. Denn gelacht wird trotzdem. Oder gerade deswegen? Axel Schock

Phil Tägert: „Zwei Satansknochen tanken Super“. Bis 26. Juni, Di. bis Sa., 20.30 Uhr, Mehringhof-Theater, Gneisenaustr. 2a, Kreuzberg. Im Eigenverlag erschienen und im Theater erhältlich ist Tägerts erste CD „Drum & Bass“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen