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■ StandbildGlaubenssache

„Praxis Extra: Nacht der Wunder“, Mittwoch, ab 0.30 Uhr, ZDF

Man freute sich auf ausgemachten Unsinn. Oder besser dessen Demaskierung: Im Schummerlicht steht Moderator Christian Floto in Sichtweite der Grotte von Lourdes und lädt uns mit salbungsvoller Stimme ein zur „Nacht der Wunder“. Gerade haben Nonnen gesungen, jetzt sehen wir Bilder aus der Pilgerstadt: Devotionalien jeder Machart, Nonnen auf Schnäppchenjagd. Die „Nacht der Wunder“ – ein Einblick in die Tiefen religiösen Irrsinns also? Die Wunder von Lourdes – auseinandergenommen von kritischen Medizinern und Journalisten?

Zu früh gefreut. Da sitzt noch einer, der doch verdammt nochmal längst tot sein müßte: Jean-Pierre Bély, einst schwer an Multipler Sklerose erkrankt, dann in den französischen Wunderort gereist, gebetet, am nächsten Tage auferstanden aus dem Rollstuhl. Der 66. von der katholischen Kirche anerkannte Wundergeheilte von Lourdes. Behutsam, aber nicht anbiedernd, fragt Floto nach, zieht skeptische Ärzte wie den Internisten Winfried Hardinghaus zu Rat, aber der kann auch nur staunen: Nach zehn Jahren Rollstuhl plötzlich munter umhergelaufen? „Schön für Sie.“ Pater Wolfgang Boemer erklärt, daß man Lourdes nicht erklären kann: „Man muß es erleben.“

So dreht sich die Diskussion leider im Kreis. Auf einen Einspielfilm über eine weitere Wunderheilung folgt wieder erstauntes Gemurmel bei den Ärzten und Glanz in den Augen der Gläubigen, dann der nächste Fall. Je später die Nacht, desto ernüchternder die Erkenntnis für den religionsfernen Betrachter: Es gibt offenbar Menschen, die in Lourdes plötzlich geheilt werden. Aber die haben alle schon vorher daran geglaubt. Stefan Kuzmany

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