Das Modell Chávez findet Nachahmer

In Panama und Nicaragua werden Überlegungen angestellt, ebenfalls eine Verfassunggebende Versammlung einzuberufen. Die dortigen Präsidenten wollen dadurch das Verbot der Wiederwahl aushebeln  ■   Aus San Salvador Toni Keppeler

Moscoso handelte zunächst nach traditionellem Muster: Sie kaufte sich dreizehn Oppositionsabgeordnete ein

Offiziell ist Hugo Chávez eher ein Außenseiter unter den lateinamerikanischen Präsidenten. Solange Venezuelas neuer Caudillo von Washington misstrauisch beäugt wird, ist nach außen hin freundliche Distanz angesagt. Heimlich aber bewundert so mancher die Machtfülle, die sich Chávez mit seiner Verfassunggebenden Versammlung zusammenbastelt. Es gibt bereits erste Überlegungen, es ihm gleichzutun: Auch in Panama und Nicaragua denken Staatsoberhäupter über die Einberufung von Verfassunggebenden Versammlungen nach.

Am deutlichsten ist das bei Nicaraguas rechtsliberalem Präsidenten Arnoldo Aleman zu beobachten. Er schlug bereits Ende August öffentlich vor, die Präsidentschaftswahl im Jahr 2001 durch die Wahl zu einer Verfassunggebenden Versammlung zu ersetzen. Sein Hintergedanke dabei: Die nicaraguanische Verfassung verbietet die Wiederwahl von Präsidenten. Der machthungrige Aleman müsste am Ende seiner Amtszeit deshalb abtreten. In einer neuen Verfassung aber könnte das Verbot einer Wiederwahl gestrichen werden. Aleman stünde eine zweite Amtszeit offen.

Chávez hatte bereits vorgemacht, wie das geht: Die erste Verfassungsänderung, die er von den Vätern und Müttern des neu zu erarbeitenden Grundgesetzes verlangt hatte, war die Abschaffung des Verbots der Wiederwahl. Gleichzeitig will er eine Verlängerung seiner Amtsperiode von fünf auf sieben Jahre.

Die sandinistische Opposition ist mit Alemans Vorschlag prinzipiell einverstanden. Denn die „Liberale Allianz“ des Präsidenten und die FSLN haben gemeinsame Interessen: Beide wollen sie, dass in einer neuen Verfassung die Macht der staatlichen Kontrollgremien (Rechnungshof, Oberster Gerichtshof, Wahlrat und Bankenkontrolle) erheblich eingeschränkt wird. Für die beiden dominanten Parteien des Landes würde sich damit der Spielraum für korrupte Klientelwirtschaft erheblich erweitern.

Nur eine Bedingung stellen die Sandinisten: „Die Präsidentschaftswahl muss respektiert werden“, sagt Rafael Solis, FSLN-Repräsentant für die Verhandlungen mit der „Liberalen Allianz“. Doch auch hinter diesem vordergründigen Respekt vor demokratischen Spielregeln steckt schierer Eigennutz: Wenn im Jahr 2001 noch einmal nach der alten Verfassung gewählt wird, darf Aleman nicht antreten. Und eine ähnlich gewichtige Figur ist in der rechten Ecke bisher nicht aufgetaucht. Die Chancen von FSLN-Generalsekretär Daniel Ortega, der es nach zwei verlorenen Präsidentschaftswahlen 2001 ein weiteres Mal versuchen will, würden also steigen.

Anders als Aleman, der das Ende seiner Amtszeit mit einer Verfassunggebenden Versammlung hinausschieben will, hat man in Panama überlegt, der am 1. September angetretenen Präsidentin Mireya Moscoso das Regieren mit diesem Trick zu erleichtern. Denn Moscoso steht vor demselben Problem, das Chávez in Venezuela hatte: die von ihrer „Arnulfistischen Partei“ geführte Allianz der „Union für Panama“ verfügt im Parlament gerade über 24 der 71 Sitze. Die Opposition hat eine erdrückende Mehrheit.

Moscosos engste Berater rieten ihr deshalb, es ebenfalls mit der Wahl zu einer Verfassunggebenden Versammlung zu versuchen, um dann im Stil von Chávez die Oppositionsmehrheit im Parlament kaltzustellen. Doch Moscoso handelte zunächst nach traditionellem Muster: Sie kaufte sich dreizehn Oppositionsabgeordnete ein. Darunter auch solche, die bei der Präsidentschaftswahl ihren schärfsten Rivalen Martin Torrijos unterstützt hatten.

Jetzt freilich sind die Arnulfisten sauer. Denn der Einkaufsbummel der Präsidentin war ziemlich teuer: Das Amt des Parlamentspräsidenten und das seines Stellvertreters gingen an zwei Seitenwechsler. Es ist deshalb noch nicht ausgemacht, ob Moscoso nicht doch irgendwann zum Instrument der Verfassunggebenden Versammlung greifen wird.