Olympiasieger kämpft für Haider

■ Österreichs FPÖ legt zu. Einen Monat vor den Wahlen liegt sie an zweiter Stelle

Wien (taz) – Die Streif warf ihn ab, Jörg Haider nahm ihn auf. Patrick Ortlieb, 32, pensionierter Olympiasieger im Abfahrtslauf 1992, entging letzten Winter nach einem Kapitalsturz auf der berüchtigten Abfahrtstrecke in Kitzbühel nur knapp der bleibenden Invalidität. Nun landete er knapp vor der Nationalratswahl am 3. Oktober als schillernder Quereinsteiger bei der Freiheitlichen Partei (FPÖ). Damit glückte Jörg Haider, seit April Landeshauptmann von Kärnten, bereits der zweite Coup innerhalb von zehn Tagen. Als Listenführer hatte er Anfang letzter Woche den Papierindustriellen Thomas Prinzhorn aus dem Zylinder gezaubert. Der Milliardär und Lebemann, der erst im vergangenen November aus der Partei geflogen war, soll die Wirtschaftskompetenz demonstrieren, die den Freiheitlichen immer abgesprochen wird.

Patrick Ortlieb, der als Nummer zwei auf der Bundesliste einen sicheren Platz im künftigen Nationalrat hat, will sich für die Aufwertung des Sportunterrichts in den Schulen einsetzen, gegen Doping kämpfen und sich nicht zuletzt für den Fremdenverkehr stark machen. Warum gerade bei den Freiheitlichen? „Weil die für Aufbruch stehen.“ Außerdem müsse man bei anderen Parteien zehn Jahre Plakate kleben, bevor man so einen Posten bekäme.

Jörg Haider, der seit seiner Mutation zum Landesvater immer staatstragender wird, setzt alles daran, die christdemokratische ÖVP zu überholen und hinter den Sozialdemokraten zur zweiten Kraft zu werden. Dabei bemüht er sich vor allem um jene Bevölkerungsgruppen, die sich bisher kaum von den Freiheitlichen angesprochen fühlten. Um die Frauenherzen zu gewinnen, ließ er sich am jüngsten Parteitag vier Stellvertreterinnen an die Seite stellen. Offenbar geht die Taktik auf: In einigen Umfragen liegt die FPÖ bereits ein bis zwei Punkte über der Volkspartei. Dass der Trend bis zum 3. Oktober anhält, bezweifeln manche Meinungsforscher. Haiders Spitzenkandidatin für das Europaparlament, die blasse Daniela Raschhofer, ging bei den EU-Wahlen im Juni lautlos unter.

Eine starke FPÖ würde sich als Koalitionspartner aufdrängen. Da der sozialdemokratische Bundeskanzler Viktor Klima ein Bündnis mit Haider kategorisch ausschließt, spekuliert derzeit alles über einen schwarz-blauen Bürgerblock. In der Familienpolitik und bei Sicherheitsfragen liegen die Positionen von FPÖ und ÖVP eng beisammen. Ein siegreicher Haider würde der gedemütigten ÖVP den Kanzlerposten anbieten, um ihn dann nach den nächsten Wahlen für sich zu beanspruchen. Ralf Leonhard