Gesundheitsreform light droht

■  Retten, was zu retten ist: Angesichts der zu erwartenden Verweigerung des Bundesrats will Ministerin Fischer ihr Reformpaket zerstückeln. Gespräche mit Union gehen weiter

Berlin (taz/dpa) – Sie hat gewaltig Anlauf genommen und kann jetzt doch nur ganz kurz springen. Andrea Fischer (Grüne) scheint bereit, ihre Gesundheitsreform in wesentlichen Teilen zurückzunehmen. Die Kritik von Krankenkassen, Ländern und politischer Opposition ist zu groß.

Parallel zu den anstehenden Vermittlungsgesprächen mit der Union will Fischer nun ein im Bundesrat zustimmungsfreies Alternativgesetz vorbereiten. Darauf haben sich gestern Gesundheitspolitiker von SPD und Grünen geeinigt. Zwar ließ Fischer verbreiten, sie werde selbstverständlich weiter um ihre Gesamtreform kämpfen. Doch dies ist nur ein formales Argument. Wie eine zerstückelte Gesundheitsreform im Einzelnen aussehen könnte, war bei Redaktionsschluss noch nicht bekannt. Ein Sprecher der Ministerin sagte, zumindest einige Teile wolle man retten. Er nannte die Fallpauschale als Abrechnungsgröße in Krankenhäusern, die Liste der zu verschreibenden Arzneimittel (Positivliste) und die Stärkung der Hausärzte.

Seit Tagen macht man sich im Gesundheitsministerium auf das Scheitern der Reform gefasst. Mittwoch vergangener Woche, am Abend vor der letzten Bundestagsdebatte, hatte Staatssekretär Erwin Jordan schon erklärt, theoretisch sei es möglich, das Gesetz in einen zustimmungspflichtigen und einen zustimmungsfreien Teil aufzusplitten. Zustimmungsfrei wäre etwa die Deckelung der Ausgaben für einzelne Sektoren. Dies wäre aber keine Veränderung zur momentanen Praxis.

Denkbar, so Jordan, sei auch ein Gesetz, welches den Beitrag zur Gesetzlichen Krankenkasse festschreibt. Vorige Woche beteuerte Jordan noch: „Ein solches Gesetz liegt nicht in der Schublade.“

Die Nachricht vom möglichen Scheitern der Gesundheitsreform 2000 trifft die Ersatzkassen nicht überraschend. Verbandschef Herbert Rebscher sagte zur taz: „Es sind schon andere an zustimmungspflichtigen Gesetzen gescheitert.“ Die Gesundheitsministerin habe zu lange gezögert, mit der Opposition zu reden. Eine Strukturreform wie von Fischer beabsichtigt brauche aber eine breite gesellschaftliche Zustimmung. Was die Einigungschancen mit der Union angeht, sieht Rebscher den Knackpunkt in den Landtagswahlen Anfang kommenden Jahres. Die CDU, vermutet Rebscher, werde sich wohl erst danach mit der Regierung an einen Tisch setzen. roga