Prinz Harald im Narrenhaus

■  Jecke Jungs versuchten auch in diesem Jahr, das Berliner Abgeordnetenhaus zur rheinischen Karnevalshochburg zu machen. Doch im Parlament weiß man noch immer nicht, was Fasching ist

Prinz Harald I. ist sich ganz sicher. „Im Rheinland hatte ich das Karnevalsgen in mir“, sagt der frisch gekürte Berliner Karnevalsprinz und schwenkt stoisch den Regentenstab vor seinen Untergebenen hin und her. Erst vor zwei Jahren sei er aus Bonn nach Berlin übergesiedelt. Er, der Prinz, sei im Alltag Mitbesitzer der rheinischen Kneipenhochburg „Ständige Vertretung“. Dann schaut Harald I. dem tierischen Ernst ins Antlitz: Die Berliner Narren haben gestern das Abgeordnetenhaus „erobert“.

Prinz Harald I. soll nun im Jahr des Regierungsumzugs den Karneval vom Rhein an die Spree bringen. Darum bemüht er sich nach besten Kräften und zupft hin und wieder an seiner rot-weißen Prinzenuniform. „Heute sind wir lustig und so richtig froh, das ist nicht alle Tage so“, sagt er ins Mikrofon und schaut dann in die Runde der älteren Uniformträger und in die Mädchengesichter der Funkenmariechen. Dann rufen alle „Berlin Alaaf“. Schließlich wollen sie „das Kulturgut des Karneval bei den Menschen erhalten“.

Und so lastet auch die Amtsbürde auf Harald I. schwer. Denn man will es auf der anderen Seite nicht zu toll treiben. Im Berliner Abgeordnetenhaus gilt es schließlich, preußische Disziplin zu wahren, wozu keine ausgelassenen Karnevalsschlager passen. Hier freut man sich an Marschmusik. Das Ende vom Lied: Am Rande der Veranstaltung äußert Harald I., der Rheinländer, Sehnsucht nach seiner Hofburg, der „Ständigen Vertretung“: „Da werden wir erstmal ordentlich feiern.“

Für den Berliner an sich war die Festveranstaltung aber trotzdem schön. Der Mensch liebt geregelte Abläufe, besonders wenn es um Würdenträger und Ordensverleihungen geht. Und Orden wurden viele verliehen, vor allem „an den verehrten Parlamentspräsidenten Doktor Haase: „Berlin Alaaf“. Aber die Jecken in ihren weißen, roten und blauen Uniformen beteuerten bei Berliner Bier auch untereinander ihr schönes Anliegen. Einer bringt es für alle auf den Punkt: „Wir ziehen an einem Strang und wollen Freude verbreiten“, sagt der Präsident der Fidelen Rixdorfer, Manfred Mühlbrett. Ob Parlamentspräsident Herwig Haase das „tolle Treiben“ gefiel, ist schwer zu beurteilen. Jedenfalls hatte er sich schon mal einen richtig närrischen Satz zurecht gelegt: „Dies ist eine Zeit des bewussten närrischen Treibens. Denn in der Politik verhält man sich unter dem Jahr ja oft genug unbewusst karnevalistisch.“ Berlin ist in die fünfte Jahreszeit gestartet.

Annette Rollmann