Die Südländer scheitern mit Finanzklage

Bund und Länder haben bis 2002 Zeit, den Länderfinanzausgleich neu zu ordnen, hat das Bundesverfassungsgericht entschieden. Geprüft werden dann alle finanziellen Sonderregelungen, die arme Länder bislang genossen  ■   Aus Karlsruhe Christian Rath

Bayern, Baden-Württemberg und Hessen haben in Karlsruhe nur scheinbar einen Erfolg erzielt. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht eine Neuordnung des Länderfinanzausgleichs bis zum Jahr 2004 verlangt. In dem Urteil wird aber keine der angegriffenen Regelungen konkret beanstandet. Die Neuordnung bleibt vielmehr der Politik vorbehalten. Ob sich die drei Südländer dort nun besser durchsetzen können als bisher, ist stark zu bezweifeln.

Derzeit verläuft der Länderfinanzausgleich in vier Stufen. Zuerst wird die Umsatzsteuer auf die Länder verteilt. Dabei werden bedürftige Länder wie Sachsen von 61 Prozent der durchschnittlichen Finanzkraft auf 82 Prozent angehoben. Dann findet der eigentliche Finanzausgleich zwischen den Ländern statt, hier erhalten die armen Länder von den reichen Ländern so viel, dass sie 95 Prozent der durchschnittlichen Finanzkraft erreichen.

Nach diesem horizontalen Finanzausgleich kommt der Bund ins Spiel. Mittels Fehlbetragszuweisungen stockt er alle armen Länder von 95 Prozent auf 99,5 Prozent der durchschnittlichen Finanzkraft auf. Einzelne Länder erhalten dann noch Sonderzuweisungen des Bundes. Hier werden vor allem die ostdeutschen Länder wegen ihres Nachholbedarfs kräftig bedacht.

Die Südländer hatten mit ihrer Klage konkret zwei Ziele verfolgt. Zum einen sollten die eigenen Zahlungen an die Nehmerländer reduziert werden. Hierzu postulierten Bayern und Baden-Württemberg einen „Halbteilungsgrundsatz“, nach dem sie nur noch die Hälfte ihrer überdurchschnittlichen Finanzkraft abgeben müssten.

Hessen ging weniger weit und wollte lediglich einen deutlichen Abstand zwischen sich und den armen Ländern sehen. Zum anderen sollte die Finanzkraft-Reihenfolge der Länder gewahrt bleiben. Da diese aber erst durch die Zahlungen des Bundes durcheinandergerät, hieß diese Forderung quasi: Der Bund soll den bedürftigen Ländern weniger Geld bezahlen.

Mit beiden Zielen sind die Südländer gescheitert. Der „Halbteilungsgrundsatz“ wird im Urteil nicht einmal erwähnt. Auch von einem „Wettbewerbsföderalismus“ oder ähnlichen Konstruktionen ist nicht die Rede. Ein „Nivellierungsverbot“ wurde zwar – wie bereits in früheren Entscheidungen – aufgestellt, aber nicht näher konkretisiert. Auch bezüglich der Bundeszuweisungen folgt das Gericht nicht den Klägern.

Ausdrücklich heißt es im Urteil: Sonderzuweisungen des Bundes können auch künftig zu „zeitweisen Veränderungen der Finanzkraftreihenfolge führen“. In diesem Zusammenhang wurden die jährlichen Bundeszahlungen von 14 Milliarden Mark an die neuen Länder ausdrücklich gebilligt, ebenso die Haushaltshilfe für die überschuldeten Länder Bremen und das Saarland. Die muss allerdings – wie vorgesehen – im Jahr 2004 auslaufen.

Bezüglich des eigentlichen Länderfinanzausgleichs müssen vor allem drei umstrittene Regelungen neu bestimmt werden. So wurde für die Stadtstaaten Bremen, Hamburg und Berlin bisher ein Finanzbedarf unterstellt, der um ein Drittel höher liegt als in den Flächenstaaten. Diese Regelung trägt den schönen Namen Einwohnerveredelung und muss laut Urteil neu begründet werden.

Berlins Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD) sieht darin keine Probleme: „Diese Begründung können wir liefern.“ Sie denkt dabei vor allem an die höheren Kosten eines Ballungsgebiets, aber auch die Stellung von Berlin als repräsentativer Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland. Auch Hartmut Perschau, Bremer CDU-Finanzsenator, glaubt, dass er den erhöhten Finanzbedarf des Landes mit Gutachten untermauern kann.

Im Urteil selbst wird allerdings darauf hingewiesen, dass auch dünn besiedelte Flächenstaaten wie Brandenburg, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern besonders hohe „Gemeinkosten“ aufweisen. Hier wird es also harte Verhandlungen unter den Ländern geben.

Dasselbe gilt bei den Seehäfen, für die Hamburg, Bremen und Rostock bislang Sonderlasten anmelden konnten und daher mehr Geld zugestanden bekommen haben. Das Verfassungsgericht fordert, auch diese Extraregelung zu überprüfen. Nach dem Prinzip „Alle oder keiner“ sollen auch die anderen Länder Mehrbedarf anmelden können. Binnenhäfen, Flughäfen oder die Erschließung von Gebirgsregionen würden dann ins Spiel gebracht werden. Dritter Punkt, der neu ausgehandelt werden muss, ist die Berücksichtigung der kommunalen Haushaltskraft beim Finanzausgleich.

Obwohl für die Klägerländer die eigentliche Arbeit nun erst losgeht, erklärte Bayerns Finanzminister Kurt Faltlhauser nach der Urteilsverkündung: „Wir sind durch dieses Urteil in vollem Umfang bestätigt worden“ (Az: 2 BvF 2/98 u.a.).