■ Vorlauf
: Ohne Pass und Gesicht

„Themenabend: Kein Mensch ist illegal“, ab 20.45 Uhr, Arte

Wie filmt man einen Menschen, der gar nicht existiert? Montiert man ihm einen schwarzen Balken vors Gesicht wie den Mordopfern in Boulevardblättern? Pixelt man das Fernsehbild grob auf, wie bei Verbrechern, wenn sie vor laufender Kamera Interviews geben?

Diese Fragen werden spielerisch der Doku „Planet Alemania“ (21.45 Uhr) vorangestellt und verweisen auf den zentralen Aspekt des Themenabends: Wer in Europa über keinen gültigen Aufenthaltsstatus verfügt, hat auch kein Gesicht. Dass diesen Menschen auf Arte immerhin eine Stimme gegeben wird, ist schon deshalb interessant, weil der deutsch-französische Kulturkanal ja von zwei Regierungen getragen wird, die maßgeblich zu der europäischen Festungsmentalität beigetragen haben.

„Planet Alemania“ geht das Thema am direktesten an. Es ist das Porträt einer Frau, die ohne Aufenthaltsgenehmigung in Deutschland arbeitet. Man sieht sie nur von hinten, ahnt und fühlt aber, was es heißt, ohne gültige Papiere hier zu leben. Die Frau ist kein sprachloses Opfer. Sie gibt präzise Auskünfte, wie es sich anfühlt, inkriminiert zu werden, ohne kriminell zu sein.

Doch das Sujet kennt viele Perspektiven: „Der elektronische Vorhang“ (20.45 Uhr) etwa skizziert die Abschottung Richtung Osten als aufwendiges Hightech-Unterfangen, „Raus aus dem Schatten“ (23.15 Uhr) rekonstruiert die Ereignisse im Paris des Jahres 1996, als die Migrantenbewegung sans papiers Kirchen besetzt, und die Studie „Global Player. Geschichten vom Arbeitsmarkt“ (22.30 Uhr) demontiert nachhaltig das Gerücht vom vollen Boot, indem sie Unternehmer zu Wort kommen lässt, die kaum des Idealismus verdächtig sind – aber deutlich machen, wie aus Abschiebungen Nachteile für den Wirtschaftsstandort Deutschland entstehen.

Klar, solche naiven Plädoyers sind problematisch, liefern aber nützliche Argumente – und schlagen jene Meinungsmacher in der Festung Europa mit den eigenen Waffen. Christian Buß