Sind die Sonderkonten nur die Spitze des Eisbergs?

■ Nach allem, was man bisher weiß, kann die neue CDU-Spitze nicht sauber sein

Berlin (taz) – „Es sind noch nicht alle Fragen beantwortet“, stellte Heiner Geißler nach der Offenbarung seines einstigen Parteichefs Helmut Kohl fest. Kohl hatte zugegeben, dass es während seiner Amtszeit schwarze Konten bei der CDU gegeben habe. In der Tat sind noch viele Fragen offen.

Etwa die, über wie viele Konten die CDU und Kohl ihre dubiosen Finanzgeschäfte abgewickelt haben. Die Süddeutsche Zeitung schreibt, 1998 habe es noch zehn solcher Konten gegeben. Kohl habe darüber hinaus ein so genanntes Verfügungskonto bei einem Mainzer Geldinstitut gehabt.

CDU-Chef Schäuble fehlt angeblich der Überblick über die Konten. Er sagte, dass es „im Wesentlichen“ ein Ander-Konto gegeben habe, das am 2. Dezember 1998 geschlossen worden sei. Nach seinen Angaben war der Kontostand auf Null. Unklar bleibt aber, wann das letzte Geld vom Konto genommen wurde. Ist alles für den Bundestagswahlkampf draufgegangen? Oder war danach noch Geld da? Wenn ja, wo ging das hin? Zumal es nach Schäubles Versicherung solche Konten nicht mehr gibt. Nicht eindeutig nachgewiesen ist, wer das Konto geschlossen hat. Es heißt, die Kanzlei Weyrauch und Kapp habe aus CDU-Kreisen Signale bekommen, dass mit dem neuen Schatzmeister Matthias Wissmann die alten Praktiken nicht mehr ausgeübt werden könnten. Daraufhin habe die Kanzlei selbst das schwarze Konto geschlossen. Schäuble hat sich dazu bisher widersprüchlich geäußert. Wäre Wissmann dennoch derjenige gewesen, der das Konto geschlossen hat, wäre Schäubles Behauptung kaum aufrechtzuerhalten, dass die heutige Parteispitze von Kohls Finanzgebaren keine Ahnung hatte.

Im Zusammenhang mit Wissmann stellt sich auch noch eine andere Frage: Warum hat er angeblich schon vor Monaten die Geschäftsbeziehung zu der seit Jahren für die CDU tätigen Kanzlei Weyrauch abbrechen wollen? Verlässliche Geschäftspartner gibt man doch nicht ohne Grund auf. Wusste oder ahnte er etwas von den dubiosen Geschäftspraktiken Weyrauchs, von dem sich die CDU nun zum Jahresende trennt?

Dubios ist nach wie vor die Herkunft der Gelder aus den schwarzen Kassen der CDU. Selbst der Spender der Million, die der Waffenhändler Karlheinz Schreiber im Beisein des damaligen CDU-Schatzmeisters Leisler Kiep an Weyrauch übergeben hat, ist unbekannt. Schreiber behauptet, das Geld stamme nicht von ihm, will seine Auftraggeber aber nicht nennen. Mit der Identität des Millionengebers ließe sich auch leichter klären, ob es sich dabei um Schmiergelder für den Panzerdeal mit Saudi-Arabien gehandelt haben könnte. Sind die anderen Millionen auch bar gezahlt worden? Die CDU spricht von bis zu drei Millionen Mark allein zwischen 1992 bis 1998. Wer hat die Summen übergeben? Wofür wurden sie eingesetzt? Der Untersuchungsausschuss, der heute vom Bundestag eingesetzt wird, hat noch viel Arbeit zu leisten. tst/kn