Streiter für Verständigung und Integration

■ Hans Koschnick, Sondergesandter zur Rückführung der Flüchtlinge in Bosnien, legt Ende des Jahres sein Amt nieder. Einen kompletten Rückzug aus der Politik auf dem Balkan bedeutet das wohl nicht

Berlin (taz) – Ende des Jahres wird Hans Koschnick Bosnien verlassen und nach Deutschland zurückkehren. Das kündigte Koschnick, zur Zeit noch „Sondergesandter der Bundesregierung zur Rückführung von Flüchtlingen“, gestern an. Ob sich der SPD-Politiker in Zukunft von der Politik des Balkans völlig zurückziehen wird, ist jedoch noch nicht sicher.

Das wäre auch gar nicht wünschenswert. Koschnick ist bei den Menschen in Bosnien-Herzegowina populär. Und das gerade deshalb, weil er den herrschenden Meinungen widersprochen hat. Er bezog nicht nur gegen die nationalistischen Kriegstreiber Position, er kritisierte auch die Politik der internationalen Gemeinschaft. Vor allem die Spitzenvertreter der Vereinten Nationen mussten sich seine Kritik gefallen lassen.

Im Frühjahr 1994 kam Koschnick das erste Mal nach Bosnien-Herzegowina. Während dieser „geheimen“ Mission nahm er Kontakte in Mostar auf, wo er dann, seit Juni 1994, einer Administration der Europäischen Union (EU) vorstand. Schon damals war ihm klar, dass es nicht nur um die Beseitigung der materiellen Schäden ging. So betonte er stets, dass vor allem die von den Machtstrukturen produzierten Trennungen in „Köpfen und Herzen“ überwunden werden müssten.

Koschnick beließ es nicht bei Worten, er ging gegen die Nationalisten vor – vor allem die Machthaber auf der kroatischen Seite, die für die Teilung der Stadt eintraten und bereit waren, Gewalt anzuwenden. Die Reaktion auf Koschnicks Politik war entsprechend: Zwei Anschlägen entging er nur knapp. Die Reaktion der deutschen Regierung und der Führungsgremien der EU auf diese Ereignisse traf Koschnick schwer. Er wurde 1996 unter dem Beifall der kroatischen Nationalisten fallengelassen. Die Europäer scheuten wie zuvor die UNO gegenüber den serbischen Führern Karadžic und Mladic Konflikte.

Im Herbst 1998 nach Bosnien zurückgekehrt, bemühte sich Koschnick um die Wiedereingliederung der Rückkehrer aus Deutschland. Die Rückkehr ist fast abgeschlossen, nur noch 30.000 Bosnier sind in Deutschland.

Vor allem die serbische Teilrepublik in Bosnien, aus der die meisten Vertriebenen stammen, hat sich bislang gegen die Rückkehr gesperrt. Jetzt bröckelt die Front. Indem vor drei Tagen 22 der ärgsten Bremser von Wolfgang Petritsch, Hoher Repräsentant der internationalen Gemeinschaft in Bosnien, aus ihren Ämtern entfernt wurden, hat sich Koschnicks Ansatz durchgesetzt. Neue, moderate Kräfte sollen das Land führen. Hinter den Kulissen wird Koschnick auch künftig in dieser Richtung wirken.

Erich Rathfelder