Torgeschenke sorgen für Wunderkerzenstimmung

■ Freiburgs Jungprofi Florian Bruns gibt sich nach dem 2:2 auf Schalke gönnerhaft

Schalke (taz) – Florian Bruns (19) überkamen vorweihnachtliche Gefühle. Am Dienstag gegen Cottbus im Pokal (2:0) das erste Tor in einem Pflichtspiel für den SC Freiburg erzielt. Am Donnerstag vom Amateur- ins Profilager der Südbadener gewechselt. Am Samstag dann zum späten Ausgleich bei Schalke getroffen. Eine „große Erleichterung“, erzählte er, sei das Dienstagstor für ihn gewesen, und „heute war es ein Tor für die Mannschaft“.

Das Geschenk des Nachwuchsstürmers konnte sich sehen lassen. Schon bei der Vorbereitung hatte Neuzugang Abder Ramdane bewiesen, dass auch bei ihm nach vier Wochen Freiburg die ersten Lektionen in südbadischer Spielkultur sitzen. Als er aus spitzem Winkel allein aufs Tor zustrebte, suchte er nicht den Abschluss, sonden den besser postierten Kollegen. Der hieß Bruns und beförderte die Kugel mit dem Rücken zum Tor per Sohle ins lange Eck. Weil auch die dramaturgische Verpackung stimmte, herrschte danach im Freiburger Tross Wunderkerzenstimmung.

„Toll“, fand Manager Andreas Rettig, „dass die Mannschaft nach dem späten Rückstand noch einmal ins Spiel zurückgekommen war.“ Das „zurück“ muss sich dabei auf die erste Viertelstunde der Partie bezogen haben. Denn tatsächlich ging danach im Spiel nach vorne kaum noch etwas bei den Freiburgern. „Das 12:2-Eckenverhältnis“, knurrte Schalkes Trainer Huub Stevens deshalb bei der analytischen Nachbereitung, „sagt alles darüber, wer hier offensiv gespielt hat.“

Aber auch das war nur ein Teil der Wahrheit. Denn ob der Lattenköpfler von Waldoch (18.) und der Nachschuss von Sand, ob Asamoahs zweiter Versuch per Kopf gegen das Aluminium (43.) – auch die Schalker Chancen resultierten samt und sonders aus Standardsituationen. Die einzige durchdachte Kombination in der ersten Hälfte war ein Konter, als Asamoah mit seinem Antritt zum Ausgleich (38.) eindrucksvoll das Bild illustrierte, das Freiburgs Trainer Finke unter der Woche warnend entworfen hatte: „Der kann manchmal spielen wie eine Lawine.“

Weil auch die zwei Elfmeter, die zunächst Freiburg (34., Sellimi) und später Schalke (82., Wilmots) in Führung brachten, groben Dusseligkeiten der Abwehr entsprangen, hielten sich die fußballerischen Darbietungen des Nachmittags in überschaubaren Grenzen. Ein Umstand, mit dem sich die Gäste, die mit einer komplett umformierten Innenverteidigung antreten mussten, beträchtlich leichter arrangieren konnten. „Ich bin zufrieden mit dem Punkt und mit der Spielentwicklung“, bilanzierte Volker Finke vor der Heimfahrt durchs winterliche Sauerland. (Freiburgs Delegationen fliegen nicht und nehmen taz-Reporter mit auf die Reise; Red.)

Der Pegel des Schalker Gemütsthermometers stand derweil am anderen Ende der Skala. „Wir sind traurig“, vermeldete Huub Stevens und guckte dabei zwei Tage vor Nikolaus aus der Wäsche wie Knecht Ruprecht auf der Suche nach einem Opfer, dem er noch eine ordentliche Abreibung verpassen könnte. Aber der Versuch, die uninspirierte Vorstellung seiner Elf der Defensivtaktik der Gäste in die Schuhe zu schieben, wirkte dabei nicht weniger hölzern als das blau-weiße Angriffsspiel.

Was ja nicht ganz unverständlich ist, wenn man bedenkt, dass die mit großen Erwartungen in die Millenniums-Meisterschaft gestarteten Schalker noch immer auf den zweiten Heimsieg der Saison warten. Immerhin, eine Chance haben sie noch im laufenden Jahrhundert. Zum letzten Heimspiel der Hinrunde kommt Borussia Dortmund ins Parkstadion. Und wenn da gewonnen wird, dann wird es der Schalker Familie am 15. Dezember so gehen wie am Samstag Florian Bruns – „joa ist denn scho Weihnoachten!?“

Ulrich Fuchs