Peking will bei Star Wars mitspielen

China zerstört mit konventioneller Rakete einen ausgedienten Wettersatelliten und antwortet damit auf die Weltraumdoktrin der USA. Washington protestiert. Tests der USA und der Sowjetunion im Weltraum gab es zuletzt zur Zeit des Kalten Krieges

AUS PEKING GEORG BLUME

Zum ersten Mal hat China mit einer Rakete einen Satelliten abgeschossen. Mittels einer konventionelle Mittelstreckenrakete wurde in rund 850 Kilometern Höhe ein ausgedienter chinesischer Wettersatelliten zerstört. Die USA hatten den bereits am 12. Januar vollzogenen Satellitenabschuss verfolgt, aber geheim gehalten, bis erste Details in dem Fachblatt Aviation Week and Space Technology bekannt wurden. Am Donnerstag reichte Washington schließlich in Peking eine offizielle Protestnote ein. Auch Großbritannien, Japan, Australien und Kanada verurteilten den Antisatellitentest und die Tatsache, dass China trotz der Gefahr durch Trümmer andere Länder nicht konsultiert habe.

Das Außenministerium in Peking beteuerte zwar, „die grundsätzliche Position einer friedlichen Nutzung des Weltraums“ habe sich nicht geändert. Doch mit dem Abschuss der Rakete vom südwestchinesischen Raumfahrtbahnhof Xichang wollten die chinesischen Militärs ihren amerikanischen Kollegen offenbar zeigen, was sie können. „Bislang kann China Satelliten nur mit einer atombestückten ballistischen Rakete zerstören“, so der offizielle Pentagon-Bericht über Chinas militärische Stärke noch im Juni 2006.

Jetzt aber schafften es die Chinesen ohne Atomsprengkopf – wenngleich mit veralteter Technik. Eigentlich gelten nicht Raketen, sondern Laser als Antisatellitenwaffen der Zukunft. Doch auch da ist Peking aktiv: Im Oktober meldete das Pentagon, ein chinesischer Antisatellitenlaser haben einen US-Satelliten gestört. Die Strategen in Washington dürfte nun noch mehr stören, dass China nach dem erfolgreichen Test technisch in der Lage wäre, amerikanische Spionagesatelliten abzuschießen.

Dass Peking mitreden will, wundert nicht. Erst im Oktober hatten die USA ihre neue Weltraumpolitik unter der Parole „Aktionsfreiheit im All ist für die Vereinigten Staaten so wichtig wie die Macht in der Luft und auf See“ vorgestellt. Damit entledigte sich Washington seiner langjährigen Selbstverpflichtung, Offensivwaffen aus dem Weltraum fernzuhalten. Chinas jüngster Test wirkt vor diesem Hintergrund wie ein Signal, dass Peking die Herausforderung annimmt.

Die letzten Tests mit Antisatellitenraketen liegen über zwanzig Jahre zurück. Die Sünder hießen damals USA und Sowjetunion. Ihnen wurde vorgeworfen, dass die zerstörten Satelliten im All in Millionen Stücke zerbrechen und eine für andere Satelliten gefährliche Trümmerwolke bilden. Das trifft nun auch für den zerstörten chinesischen Satelliten zu. „Die Trümmerwolke wird ein Vierteljahrhundert währen“, kommentierte ein US-Experte den chinesischen Test. Noch länger, nämlich knapp fünfzig Jahre währen die Bemühungen der Vereinten Nationen, einen internationalen Abrüstungsvertrag zu entwerfen, der Waffen im Weltraum generell verbietet.

Bis vor kurzem war China einer der lautstärksten Verfechter eines solchen Vertrags. Pekings Verteidigungsweißbücher empfahlen stets einen Abrüstungsvertrag als das „effektivste Mittel, die Militarisierung des Weltraums zu verhindern“. Doch glauben heute in China immer weniger Beobachter an einen solchen Vertrag. Stattdessen betonen Militäranalysten und populäre Medien die Bedeutung des militärischen Wettlaufs im All. Offenbar mit Erfolg. Als „großen Wandel in Chinas Fähigkeiten, der den militärischen Status Chinas steigern wird“, feierte gestern Wang Chaozhi, Professor der Pekinger Luft- und Raumfahrtuniversität Chinas ersten erfolgreichen Waffentest im Weltraum.

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