Bürger begehren Dutschke

Erste Prognose: Bürgerentscheid um Rudi-Dutschke-Straße schafft erforderliches Quorum von 15 Prozent knapp. Nach Auszählung der Hälfte der Bezirke zeichnet sich Mehrheit für Umbenennung ab

Der Bürgerentscheid über die Umbenennung der Kreuzberger Kochstraße in Rudi-Dutschke-Straße war aller Voraussicht nach erfolgreich. Nach Hochrechnungen des Bezirkswahlamtes am späten Nachmittag haben sich mehr als die benötigten 15 Prozent der Abstimmungsberechtigten in Friedrichshain-Kreuzberg beteiligt. Damit ist die Entscheidung auf jeden Fall gültig. Nach der Auszählung von rund der Hälfte der Wahlbezirke zeichnete sich eine knappe Mehrheit für die Umbenennung ab. Das Endergebnis wurde für den späten Abend erwartet.

Im Dezember 2004 hatte die taz die Initiative „Berlin braucht eine Dutschkestraße“ ins Leben gerufen. Im August 2005 votierte die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Friedrichshain-Kreuzberg mit den Stimmen von Linkspartei und Grünen für die Umbenennung. Die CDU wollte mit ihrem Bürgerbegehren diese Entscheidung wieder rückgängig machen. Gestern fand der Bürgerentscheid statt.

Damit die Entscheidung gültig ist, mussten mindestens 15 Prozent der Wahlberechtigten in Friedrichshain-Kreuzberg in die 87 Wahllokale gehen – das entspricht 27.389 Wählern. Laut einer Einschätzung von Bezirkswahlleiter Heinrich Baasen hatten um 16 Uhr rund 13,2 Prozent der Abstimmungsberechtigen ihre Stimme abgegeben, davon waren rund 2,7 Prozent Briefwähler. Nach den Erfahrungen der vergangenen Wahlen würden in diesem Bezirk viele Wähler erst vergleichsweise spät in die Wahllokale gehen. „Es bestehen deshalb gute Chancen, das Quorum zu überschreiten“, sagte Baasen gestern Nachmittag der taz. Spätere Hochrechnungen zur Wahlbeteiligung machte Baasen nicht. Abstimmungsberechtigt waren EU-Bürger ab 16 Jahren. Es war der zweite Bürgerentscheid auf Bezirksebene in Berlin und der erste, der unabhängig von einer Wahl abgehalten wurde.

Franz Schulz, der grüne Bezirksbürgermeister von Friedrichshain-Kreuzberg, zeigte sich dennoch enttäuscht. „Es ist sehr schade, dass dieses erste Volksbegehren in Friedrichshain-Kreuzberg so schleppend verläuft“, sagte er der taz. Schulz hätte sich eine größere Beteiligung gewünscht. Er hofft dennoch auf eine positive Wirkung: „Unabhängig vom Thema soll dieses neue demokratische Element die Bürger stärker einbinden.“

Mit Spannung wurde die Auszählung der Stimmen erwartet. Bei einigen Beobachtern war die Fragestellung auf Kritik gestoßen, da sie vermeintlich verwirrend war: Da die CDU das Bürgerbegehren mit dem Ziel initiiert hatte, die bereits beschlossene Umbenennung rückgängig zu machen, mussten Gegner der Rudi-Dutschke-Straße diesem Antrag zustimmen, also mit „Ja“ stimmen; Anhänger der Dutschkestraße hingegen mit „Nein“.

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