„Chance für Landwirte und das Klima“

Die EU setzt große Hoffnungen in Biokraftstoffe, sagt Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel. Sie schützten das Klima und machten unabhängig von Öl. Einwände von Umweltschützern will sie „bedenken“, konkrete Pläne hat sie jedoch nicht

INTERVIEW SABINE HERRE
UND MALTE KREUTZFELDT

Frau Fischer Boel, zur Grünen Woche steigen Stimmung und Einkommen bei den deutschen Landwirten. Sind Energiepflanzen der Grund dafür?

Mariann Fischer Boel: Es gibt eine Reihe von Gründen, und nachwachsende Rohstoffe gehören dazu. Sie helfen, das Klima zu schützen und Europa weniger abhängig von Öl- und Gasimporten zu machen, und gleichzeitig bieten sie neue wirtschaftliche Chancen für Landwirte.

Die EU will den Anteil von Biosprit von derzeit einem Prozent bis 2020 auf zehn Prozent steigern. Ist das realistisch?

In Deutschland werden schon auf 13 Prozent der Agrarflächen Energiepflanzen angebaut, weil es hier auch bisher schon eine Förderung gab. In anderen Ländern gibt es noch ein großes Potenzial. Mit dem Vorschlag einer verbindlichen Zielmarke von 10 Prozent hat die EU-Kommission ein wichtiges Signal gegeben, an die Industrie ebenso wie an die Landwirte. Wir fördern den Anbau von Energiepflanzen finanziell, und diese dürfen auch auf bisher nicht bewirtschafteten Flächen angebaut werden.

Umweltschützer warnen vor Monokulturen und zerstörten Naturräumen. Planen Sie, die Förderung von Biomasse an bestimmte Kriterien zu koppeln?

Wenn die Produktion zunimmt, werden wir sicher beobachten, wie die Pflanzen angebaut werden. Aber konkrete Kriterien gibt es noch nicht.

Werden in Zukunft Lebensmittel knapp, wenn Bauern lieber Energiepflanzen anbauen?

Zunächst sind die Anbauflächen für Getreide durch den EU-Beitritt von Rumänien und Bulgarien gerade gestiegen. Und wir exportieren derzeit Getreide; ein Teil davon könnte für die Biosprit-Produktion verwendet werden. Zudem setze ich große Hoffnungen in die „zweite Generation“ von Biosprit, der nicht mehr aus wertvollen Früchten hergestellt wird, sondern aus jeder Form von Biomasse. Aber vermutlich werden wir auch Biokraftstoffe importieren müssen, um unser Ziel zu erreichen.

Gerade der Import von Biokraftstoff ist strittig. In Indonesien etwa wird der Regenwald gerodet, um Palmöl zu produzieren. Wie verhindern Sie, dass mit EU-Subventionen Natur zerstört wird?

Ich glaube, wir haben einen guten Überblick, wo der Regenwald für die Palmöl-Herstellung abgeholzt wird. Wir werden das bedenken. Das Problem kann über bilaterale Verträge mit den entsprechenden Ländern geregelt werden. Wir können es zur Bedingung machen, bestimmte Umweltstandards einzuhalten.

Gibt es konkrete Pläne?

Wir haben schon Vorstellungen, aber zunächst muss der EU-Rat generell über das Biosprit-Paket entscheiden. Die Kommission kann nur Vorschläge machen.

Denken Sie, dass der Anbau von Biomasse zum verstärkten Einsatz von Gentechnik in der Landwirtschaft führen wird?

Diese Entscheidung liegt bei den Landwirten. Ich kann nur darauf drängen, dass es in allen EU-Staaten Gesetze gibt, die die Koexistenz von gentechnisch veränderten, normalen und ökologisch angebauten Pflanzen regeln.