Schwarz-Schilling kündigt Rückzug an

Der Hohe Repräsentant der internationalen Gemeinschaft in Bosnien und Herzegowina und EU-Sonderbeauftragte legt Mitte des Jahres seine Ämter nieder. Mit ein Grund dafür ist die wachsende Kritik an seiner Tätigkeit. EU will ihre Präsenz ausbauen

AUS SARAJEVO ERICH RATHFELDER

Der deutsche CDU-Politiker und Hohe Repräsentant der internationalen Gemeinschaft in Bosnien und Herzegowina, Christian Schwarz-Schilling, wird am 30. Juni dieses Jahres aus seinem Amt ausscheiden. Der zudem als Sonderbeauftragter der EU fungierende Schwarz-Schilling wird auch dieses Amt einem „energischen“ Nachfolger zur Verfügung stellen, erklärte der 76-Jährige am Dienstag in Sarajevo.

Schon seit einigen Wochen brodelte in Sarajevo die Gerüchteküche über einen möglichen Rückzug Schwarz-Schillings von seinen Ämtern. Doch noch zum Jahresende zeigte sich der Hohe Repräsentant entschlossen, über den 30. Juni hinaus wenigstens das Amt eines Sonderbeauftragten der EU auszufüllen.

Doch die kritischen Stimmen im Lande und in der internationalen Gemeinschaft sind seither lauter geworden. Viele Diplomaten und Politiker, wie der führende Muslimpolitiker Haris Silajdžić in Sarajevo, haben Schwarz-Schilling schon vor Monaten vorgeworfen, von Anfang an eine falsche Strategie verfolgt zu haben. Schwarz-Schilling habe zu Beginn seiner Amtszeit im Februar 2006 verkündet, er wolle am Ende seiner Amtszeit das Amt des Hohen Repräsentanten auflösen und durch einen Sonderbeauftragten der EU ersetzen, der über weniger Machtmittel als der Hohe Repräsentant verfügen sollte. Dieser Schritt aber könnte erst gemacht werden, wenn der Staatsaufbau in Bosnien und Herzegowina vollendet sei, erklärten die Kritiker.

Vor allem der Plan, die sogenannten Bonn-Powers abzugeben, war von Beginn an umstritten. Mit den Bonn-Powers hat der Hohe Repräsentant die Möglichkeit, bosnische Politiker abzusetzen und ihnen jegliche politische Tätigkeit zu untersagen. Unter Schwarz-Schillings Vorgänger, dem Briten Paddy Ashdown, waren über 60 Vertreter nationalistischer Parteien abgesetzt worden, weil sie nach Meinung Ashdowns gegen das Friedensabkommen von Dayton aus dem Jahre1995 verstoßen hatten.

Politiker und Journalisten der muslimisch-bosnischen Bevölkerungsmehrheit forderten nach den Wahlen im vergangenen Herbst Schwarz-Schilling wiederholt auf, die Bonn-Powers gegenüber serbisch-bosnischen Politikern erneut anzuwenden. Anlass dazu gab das Verhalten des Präsidenten der serbischen Teilrepublik, Milorad Dodik, der mit einer Volksabstimmung über die Loslösung von Bosnien und Herzegowina drohte und wichtige Reformen im Gesamtstaat verhinderte. Weil Schwarz-Schilling passiv blieb, wurde er von Medien in Sarajevo, so der Tageszeitung Dnevni Avaz, als „zu weich und zu alt“ diffamiert.

Angesichts des Scheiterns der Verfassungs- und der Polizeireform setzte sich in den wichtigsten Hauptstädten der EU und in Washington jedoch offenbar die Meinung durch, dass der „Job“ der internationalen Gemeinschaft in Bosnien noch nicht beendet ist. Nach kürzlichen Reisen nach Washington, Brüssel und Berlin änderte Schwarz-Schilling offenbar seine Position und will nun selbst vorschlagen, das Büro des Hohen Repräsentanten auch nach dem 30. Juni 2007 fortbestehen zu lassen. Es soll personell abgespeckt werden, aber weiter über die Bonn-Powers verfügen.

Daneben werde das Büro eines EU-Sondergesandten mit etwa 200 Mitarbeitern aufgebaut, die den bosnischen Institutionen beratend zu Seite stehen sollen. Die Polizeiausbildung werde fortgeführt und an der Präsenz internationaler Truppen festgehalten. Dieser Plan werde dem Friedensimplementierungsrat, der die Umsetzung des Friedensabkommens von Dayton überwacht, Ende Februar zur Annahme vorgelegt, hieß es aus diplomatischen Quellen. Bosnische und bosnisch-kroatische Politiker zeigten sich über die Entscheidung Schwarz-Schillings erleichtert. Dagegen äußerten sich serbische Politiker kritisch. Sie hatten auf das Ende der internationalen Präsenz in Bosnien und Herzegowina gehofft.