Sturer Schwede

Lennart Johansson (77) will aus Prinzip Uefa-Chef bleiben. Die Unterstützung des Deutschen Fußball-Bunds hat er

STOCKHOLM taz ■ Eigentlich wollte er gar nicht mehr kandidieren. 16 Jahre reichen, hatte Lennart Johansson, schwedischer Uefa-Präsident, bereits beim Kongress des europäischen Fußballverbands 2002 in Stockholm gesagt. Seine letzte Amtsperiode werde das nun sein, denn schließlich sei er 2007 ja schon 77. Diese Ankündigung wiederholte er vor zwei Jahren in Tallinn und vergangenes Jahr in Budapest. Danach kam die Meldung, Michel Platini wolle für diesen Posten kandidieren. Mit Platini habe sein Entschluss, doch noch einmal antreten zu wollen, nichts zu tun, sagt Johansson: „Nein, ich habe mich nicht für eine weitere Kandidatur entschieden, um Platini zu stoppen.“ Er sei von vielen Mitarbeitern gebeten worden und von – Sepp Blatter. Am Freitag wird in Düsseldorf abgestimmt.

Ja, ausgerechnet Blatter, gegen den er 1998 beim Kampf um die Präsidentschaft des internationalen Fußballverbandes Fifa unterlegen war, obwohl er als klarer Favorit ins Rennen gegangen war. Gerüchte, dass dabei nicht alles mit rechten Dingen zugegangen sein soll, sind nie verstummt. „Wir brauchen Stabilität. Du bekommst alle Hilfe, die du benötigst“, gibt Johansson in der Stockholmer Dagens Nyheter die Worte Blatters wieder. Es sei zu dieser Kandidatur regelrecht gedrängt worden. Das verwundert, denn Blatter unterstützt nun offen Platini. An einen Rückzug hat Johansson deswegen nicht gedacht: „Ich wollte die nicht vor den Kopf stoßen, die auf mich setzten.“ Aber natürlich habe es einen Effekt, wenn der Fifa-Präsident so offen die Seite wechsle. Das werde auch nicht durch einen Franz Beckenbauer ausgeglichen, der sich für Johansson ausgesprochen hat. Nach dem Warum seines Meinungswandels hat Johansson Blatter, den er auch schon mal als „Lügner“ bezeichnete, nicht direkt gefragt, aber an „Dear Sepp“ einen Brief geschrieben – und um Erklärung gebeten. Eine Antwort hat er nicht erhalten.

Die Verdienste des seit 1990 an der Spitze der Uefa stehenden Schweden sind unbestreitbar. Als einer der Architekten der Champions League hat er die Uefa von einer reichen Organisation in eine sehr reiche Organisation verwandelt. In Zahlen: Der Jahresumsatz wuchs von 15 Millionen auf 2 Milliarden Schweizer Franken. Deshalb möchte Johansson an der Struktur des Goldesels Champions League auch nichts Wesentliches ändern, weshalb ihm neben der Stimme des DFB auch Englands, Spanien und Portugal zugeneigt sind. Die kleineren Nationen sind jedoch auf der Seite Platinis, wie auch bislang sicher geglaubte skandinavische Stimmen: Dänemark, die Färöer, Island.

„Es gibt anderes und Wichtigeres als Geld“, kontert Johansson: illegales Spiel, fragwürdige Klubeigentümer, Rassismus, Hooliganismus und „unnormale Geldströme“. Bestechung sei offenbar immer alltäglicher geworden im europäischen Fußball: „Ich beschuldige niemand und alle“, sagt Johansson. Die Finanzen der Klubs müssten transparenter werden, die Zusammenarbeit mit Strafverfolgungsbehörden verbessert. Und das gesamte System der Spieleragenten möchte Johansson neu geordnet sehen.

REINHARD WOLFF