Neuer Streit um NS-Raubkunst

Kommission des Bundes entscheidet, ob eine von Nazis geraubte Plakatsammlung zurückgegeben werden soll

Nach der umstrittenen Rückgabe von Ernst-Ludwig Kirchners Gemälde „Berliner Straßenszene“ zeichnet sich neuer Streit um NS-Raubkunst in Deutschland ab. Im Mittelpunkt stehen tausende Plakate aus zwei Jahrhunderten, die Hans Sachs bis zu seiner Emigration 1938 in Berlin gesammelt hat und die nun im Bestand des Deutschen Historischen Museums (DHM) sind. Heute wird eine von der Bundesrepublik eingesetzte Kommission ihr Votum über den Verbleib der Sammlung abgeben – und damit für neue Diskussionen über den Umgang mit Kulturgütern sorgen, die die Nazis von jüdischen Besitzern geraubt haben.

„Ich will die Sammlung meines Vaters retten“, sagt Peter Sachs. Der Sohn des Sammlers, der in diesen Tagen zum ersten Mal seit seiner Geburt wieder in Berlin ist, war mit seinen Eltern als einjähriges Kind 1938 in die USA geflüchtet. Hans Sachs, seinerzeit einer der bekanntesten Berliner Zahnärzte, konnte damals seinen Schatz nicht mehr retten: Die Nationalsozialisten enteigneten die 12.500 Plakate, darunter Werke von Toulouse-Lautrec und Lucian Bernhard.

Nach dem Krieg galt die Sammlung als verloren; 1961 zahlte die Bundesrepublik Sachs eine Entschädigung von 250.000 Mark. Doch 1966 tauchte die Sammlung wieder auf – in einem Keller in Ostberlin. Doch Sachs kehrte nie in die Heimat zurück, die Plakate wurden dem DDR-Museum für deutsche Geschichte zugeschlagen.

Erst 2005 machte sich der Sohn auf die Suche. „Doch das DHM stellte sich stur“, sagt Anwalt Matthias Druba. Druba, der vor Gericht erfolgreich für die enteigneten Wertheim-Erben stritt, fordert die Rückgabe der Sammlung. Das DHM war nach eigenen Aussagen von der Forderung überrascht worden, weil es die Angelegenheit mit der Entschädigung für erledigt ansah.

Auf Intervention von Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) wurde die „Beratende Kommission im Zusammenhang mit der Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogener Kulturgüter, insbesondere aus jüdischem Besitz“ eingeschaltet. Sie soll eine Empfehlung für die Lösung des Streits geben. dpa