Preisgekrönter Fotograf auf der Flucht

„Den Menschen die Augen zu öffnen ist die Aufgabe jedes Fotografen“, sagt G. M. B. Akash. Um das zu tun, dokumentiert der mit internationalen Preisen ausgezeichnete Akash seit zehn Jahren Kinderarbeit, Prostitution und andere Missstände in seiner Heimat Bangladesh. Doch in einem von islamistischen Splittergruppen terrorisierten Land kann es gefährlich sein, kritische Bilder zu veröffentlichen. Anfang Januar floh der Fotograf nach Deutschland, wo ihm seitdem die Hamburger Stiftung für politisch Verfolgte Asyl gewährt.

Der Anlass der Flucht sind Drohungen nach der Veröffentlichung von Akashs Fotos. Eine Zeitschrift hatte seine Bilder aus einer Madrasa gedruckt, einer Koranschule, die wenig Schulgeld verlangt und deshalb vor allem die Kinder der Armen beherbergt. Der Siebenjährige, der auf dem Foto verängstigt in die Kamera blickt, trägt Fußketten – er war zuvor zweimal weggelaufen. Wenige Tage nach der Veröffentlichung erhält Akash einen Anruf: Islamisten drohen, ihn zu töten. Wenig später stehen fünf Männer in Akashs Elternhaus. Der Fotograf ist nicht da, aber die Angst wächst. Der Polizei vertraut er nicht.

G. M. B. Akash flieht – nach Hamburg. Geo und Spiegel, wo einige seiner Bilder erschienen, helfen, ihn nach Deutschland zu holen. Glücklich ist er hier indes nicht. „Ich sehe nichts, was zu fotografieren wäre“, sagt der 30-Jährige, „höchstens Hunde. Alles ist sauber, gut und wohl organisiert.“

Es muss befremdlich sein für einen, der seit fast zehn Jahren die Armut in seinem Land auf Fotopapier bannt. Das ist Akashs Berufung, seit er 1998 eine Fotoausstellung über Aids-Kranke sah, die seinem Leben eine neue Richtung gab. Noch im selben Jahr entstand seine erste Fotoserie über die Schließung von Bordellen in seiner Heimatstadt Narayanganj; unzählige weitere Bilder von Menschen am Rande der Gesellschaft folgten.

Die künstlerische Qualität seiner Arbeit und sein Engagement werden gewürdigt: Er erhält Auszeichnungen aus den USA, in China, Frankreich, Japan und Norwegen. Im vergangenen Jahr belegt eines seiner Fotos den dritten Platz beim „World Press Award“. Akash fühlt sich bestärkt in seinem Ziel, „das Leben der Menschen zu präsentieren, die missverstanden und ignoriert werden“.

Nun ist er selbst so etwas wie ein Missverstandener. Vielleicht ein Jahr will Akash in Hamburg bleiben. Bis dahin, so hofft er, haben ihn die Fundamentalisten in Bangladesh vergessen. Dann kann er endlich wieder das tun, was er möchte und was er kann: den Armen ein Gesicht, den Menschen ihre Würde geben. JAN GEORG PLAVEC