Kuss beendet Ministerkarriere

Israels Exjustizminister wegen unanständigen Verhaltens schuldig gesprochen. Ihm drohen bis zu drei Jahre Haft. Präsident Katzav muss aus seiner Residenz ausziehen

JERUSALEM taz ■ Ein einziger Kuss setzt der politischen Karriere von Israels Exjustizminister Chaim Ramon ein Ende. Die drei Richter waren sich gestern einig in ihrem Urteil, dass Ramon sich des unanständigen Verhaltens schuldig gemacht habe, als er eine Soldatin gegen ihren Willen küsste und dabei mit der Zunge in ihren Mund eindrang. Im Verlauf des Prozesses erklärte er den Kuss als natürliche Folge des länger währenden Flirts seitens der jungen Frau. Er sei keineswegs aufgezwungen gewesen, sondern in gegenseitigem Einverständnis geschehen. Ramon drohen nun bis zu drei Jahre Haft.

Der rechtsnationale Abgeordnete Arie Eldad nannte die Entscheidung eine weitere Schwächung der Regierung Ehud Olmerts, der „korruptesten und kriminellsten in der Geschichte Israels“. Ramon, der sich vor einem Jahr von der Arbeitspartei verabschiedet hatte, um der Kadima beizutreten, gilt als einer der engsten politischen Verbündeten Olmerts. Nach einem Freispruch wäre er ins Amt des Justizministers zurückgekehrt. Nun strebt er Revision an.

Der in der Öffentlichkeit mit Überraschung aufgenommene Richterspruch kann wegweisend dafür sein, was Präsident Moshe Katzav erwartet, wenn Anklage gegen ihn erhoben wird. Katzav steht im Verdacht der Vergewaltigung in mehreren Fällen und war erst vor wenigen Tagen von der Knesset von seinem Amt beurlaubt worden. Parallel dazu unternehmen Abgeordnete Anstrengungen, Katzav per Dreiviertelentscheidung im Parlament zum Rücktritt zu zwingen. Dessen ungeachtet erschien Katzav Anfang der Woche strahlend in der Präsidentenloge, die er nun endgültig verlassen muss. Oberstaatsanwalt Menni Masus hatte sich zuvor schriftlich an die Rechtsberaterin der Knesset gewandt, um ihr mitzuteilen, dass Katzav während der Beurlaubung von seinem Amt nicht in der Präsidentenresidenz bleiben dürfe.

SUSANNE KNAUL