Atompannen bedrohen Josefsson

Schwedens Medien zweifeln, ob das „Bauernopfer“ der zwei entlassenen Forsmark-Chefs reichen wird, und spekulieren über die Zukunft von Merkels Klimabeauftragtem

STOCKHOLM taz ■ Auf einem wackeligen Stuhl sehen Teile der schwedischen Medien den Vattenfall-Konzernchef Lars Josefsson aufgrund der monatelangen Negativschlagzeilen über die Ereignisse und Zustände im AKW Forsmark sitzen. Auf die habe nämlich „Brunkols-Josef“ (Braunkohlen-Josef), so sein Spitzname wegen des deutschen Vattenfall-Engagements in schmutzige Braunkohleverstromung, erst viel zu spät und auch ungenügend reagiert. Als ein bloßes „Bauernopfer“ bewertet Dagens Nyheter die Ablösung der beiden Forsmark-Chefs Lars Fagerberg und Göran Lundgren durch Vattenfall am Donnerstag. Und Svenska Dagbladet will aus der Vattenfall-Führungsebene „starke Irritation“ vernommen haben. Dort werde darüber gesprochen, dass Josefsson offenbar zu wenig Energie auf die Konzernleitung verwende und er sich stattdessen besser in der Rolle als Umweltratgeber von Bundeskanzlerin Merkel gefalle.

Auch bei der Präsentation des Jahresresultats von Vattenfall für das vergangene Jahr, musste sich Josefsson in Stockholm trotz neuer Rekordgewinne von JournalistInnen fragen lassen, ob es nicht Zeit sei, sich zu seiner Verantwortung zu bekennen und vorzeitig den Hut zu nehmen. Dies habe schließlich vor einigen Wochen auch der BP-Konzernchef John Browne getan und damit die moralische Verantwortung dafür übernommen, dass bei BP Gewinnstreben über die Sicherheit gestellt wurde. Doch solch nahe liegende Vergleiche wies Josefsson als „nicht relevant“ zurück.

Letztendlich dürfte es die Politik sein, die über das weitere Schicksal des Chefs des Staatskonzerns entscheiden wird. Schwedens Wirtschaftsministerin Maud Olofsson zeigte sich gestern nach einem Gespräch mit Josefsson zwar erst einmal zufrieden mit den jetzt eingeleiteten Sicherheitsmaßnahmen. Er hielt sich aber die Beantwortung der Frage offen, ob diese wirklich ausreichten. Unter Josefssons Führung hatte sich Vattenfall auch dank des Engagements in Deutschland in einen Goldesel für die schwedische Staatskasse entwickelt. Der Betriebsgewinn aus dem laufenden Geschäft war 2006 um 8,5 Prozent auf knapp 3 Milliarden Euro gestiegen.

Doch die Probleme mit Forsmark schlugen sich deutlich im Resultat für das vierte Quartal nieder: Dieses knickte gegenüber dem Vorjahr mit einem Minus von 30 Prozent ein. Nach Berechnungen schwedischer Medien belaufen sich die Kosten und Gewinnausfälle, die durch den Forsmark-1-Reaktor seit Sommer verursacht worden auf fast 200 Millionen Euro. REINHARD WOLFF