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: Wenn nicht jetzt, wann dann? Wenn nicht wir, wer sonst?

Der FC Schalke 04, König im Revier, steht nicht zwingend vor der Meisterschaft der Herzen. Oder etwa doch?

Ach, Bremen, wollt ihr nicht? Und hallo Bayern, ihr ja wohl auch nicht. Aber ihr habt es ja auch nicht so nötig, hier wie da könnt ihr euch noch lebhaft an eure jüngsten Meisterschaften erinnern. Sogar die letzte von Stuttgart ist längst nicht so versunken, fast schon verjährt, wie die der Schalker. Der FC Schalke 04 wäre also wirklich mal dran.

Und das Schalke von heute hat ja auch eine cool spielende Mannschaft mit prima Kerlen. Hübsche Dänen, ambitionierte Eigengewächse, talentierte Südamerikaner. Und dann dieser Trainer, so sympathisch. Und so bescheiden, auch im Musikgeschmack. Ganz Pur. Komm mit mir ins Abenteuerland. Der ebenfalls so bescheidende und sympathische Handballnationaltrainer Heiner Brand hat auch einen bescheidenen Musikgeschmack. Hat bekanntlich geklappt mit der Höhnerhymne. Warum also jetzt nicht das Abenteuer Meisterschaft für Mirko Slomka und Schalke? Nach fast einem halbem Jahrhundert. Wenn nicht jetzt, wann dann? Und man soll auch nicht so nachtragend sein, wie es manche im Ruhrgebiet immer noch sind.

Das Schalke von heute ist doch ein grundsolider Verein. Dass er mal in einen Bundesligaskandal verwickelt war, ist mehr als 30 Jahre her. Also praktisch verjährt. Okay, jüngst im 21. Jahrhundert war die Sache mit dem Buchungsposten Parkstadion zur Aufhübschung der finanziellen Lage – aber das muss man doch verstehen. Herumtricksen, um finanziell gut da zu stehen, machen ja viele. Peanuts. Andere haben Festgeldkonten und werden damit auch nicht wirklich glücklich.

Fußball ist doch vor allem was fürs Gefühl. Und wie die sich freuen können, im Ruhrgebiet. War toll, dieser Uefa-Cup-Triumph der Eurofigher, ist nun auch schon fast zehn Jahre her, aber so was verjährt nie, nie und nimmer. Dann diese Meisterschaft der Herzen im Jahre 2001. Zum Weinen schön. So was Rührendes. Wie hat man es den Schalkern damals gewünscht, der echte Meister zu werden. Also alle haben es ihnen gewünscht, außer den Bayern-Fans natürlich. Und den Nachtragenden, die nicht vergessen können.

Nun also endlich, endlich.

Aber königsblaues S04, König im Revier, alles hat seine Grenzen. Neudeutsch gesprochen: Es gibt K.o.-Faktoren, die sind überhaupt nicht verhandelbar. Und wenn all eure kollektive Nettigkeit und all eure gefühlsduseligen Anhänger und all eure sportliche Leistung auch reizend sind, die geldgierige Blindheit eurer Vereinsleitung ist es bestimmt nicht. Ende. Aus.

Was werdet ihr sein, wenn ihr nächste Saison mit eurem russischen Großsponsor auf der Brust als Deutscher Meister Champions League spielt? Gazprom-Zubehör auf Tour. Ach Schalke! Warum ihr? Warum gerade jetzt?

KATRIN WEBER-KLÜVER