Nächste Runde im Kärntner Ortstafelstreit

Landeshauptmann Jörg Haider will mit neuer Finte die Anweisung umgehen, slowenische Schilder aufzustellen

WIEN taz ■ Der Villacher Fasching fand diesmal ohne den Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider statt. Denn die heute im österreichischen Fernsehen ausgestrahlte Aufzeichnung enthält eine Pointe, die die Faschingsgilde nicht streichen wollte: „Was ist der Unterschied zwischen Jörg Haider und einer Ortstafel? Die Ortstafeln sind erst seit kurzem verrückt.“

Mit dem Verrücken von Ortsschildern im zweisprachigen Gebiet Kärntens versuchte Haider 2006 einen Spruch des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) zu umgehen, der ihm auftrug, deutsch/slowenische Ortsschilder aufzustellen. Rechtlich ist ein Ortsschild eine Verordnung. Mit dem Versetzen der Tafeln wurde eine neue Verordnung erlassen, gegen die erneut das Höchstgericht angerufen werden muss.

Das Katz-und-Maus-Spiel Haiders mit dem Verfassungsgericht läuft seit über fünf Jahren. Der Schutz der Minderheiten und deren Anspruch auf zweisprachige Tafeln und Aufschriften ist im Staatsvertrag von 1955 festgelegt. Der hat Verfassungsrang. Aber gerade in Kärnten lassen sich mit der Sichtbarmachung der slowenischen Bevölkerungsanteile immer noch Emotionen schüren.

Jedes Mal, wenn der Verfassungsgerichtshof ihm die Erfüllung des Staatsvertrags aufträgt, lässt sich Haider etwas Neues einfallen. Zuletzt ließ er in einigen Gemeinden Täfelchen mit der slowenischen Ortsbezeichnung unter das Ortsschild montieren. Das sei unzulässig, reklamierte der VfGH. Daraufhin kündigte Haider an, er werde die kleinen Tafeln auf die großen schrauben. Das reiche nicht aus, ließ Ex-VfGH-Präsident Ludwig Adamovich am Wochenende wissen, gehe es doch um die Gleichrangigkeit der Sprachen.

In der vergangenen Regierung war Haider mit seinem BZÖ Koalitionspartner von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, ÖVP. Der behandelte ihn wie ein rohes Ei, um den Koalitionsfrieden nicht zu gefährden. Das Ortstafelproblem sollte in einer „Konsenskonferenz“ gelöst werden. Selbst die deutschnationalen Heimatverbände ließen sich einen Kompromiss abringen. Doch Haider torpediert auch diese Einigung vom Mai 2006. Jetzt will er eine besondere Volkszählung ansetzen, um den slowenischsprachigen Bevölkerungsanteil erneut festzustellen.

Derzeit ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen Haider wegen Verdachts der Behinderung einer Amtshandlung. Justizministerin Maria Berger, SPÖ, hatte angedeutet, es gebe Argumente für ein Amtsenthebungsverfahren. Inzwischen ist sie zurückgerudert. Die Kärntner SPÖ fürchtet, so ein Prozess könnte Haider Gelegenheit geben, sich als Märtyrer politischer Willkür in Wien zu inszenieren und bei vorzeitigen Neuwahlen noch mal eine Mehrheit zu erringen. RALF LEONHARD