Angereichertes Uran im Garten gefunden

Bei einem Mann in Niedersachsen haben Behörden 14 Pellets angereicherten Urans entdeckt, die er offenbar seit Jahren besaß. Quelle ist vermutlich die frühere Siemens-Brennelementefabrik in Hanau. Gefahr für die Umwelt soll nicht bestanden haben

AUS HANNOVER JÜRGEN VOGES

Ein strahlendes Geheimnis haben die niedersächsischen Behörden in einem Garten in der Ortschaft Lauenförde im Kreis Holzminden entdeckt: Beamte des Gewerbeaufsichtsamtes haben dort eine Plastiktüte ausgegraben, in der ein mit Kernbrennstoff gefüllter Stahlbehälter steckte. Die Analyse ergab: Der Behälter enthielt 14 Pellets aus angereichertem Uran mit einem Gesamtgewicht von 110 Gramm. Solche Pellets stecken normalerweise in Brennelementen von Leichtwasserreaktoren. Der niedersächsische Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP) informierte gestern die Öffentlichkeit über den rätselhaften Fund.

Mittlerweile ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen den 45-jährigen Gartenbesitzer – wegen unerlaubten Umgangs mit radioaktiven Stoffen. Schließlich ist der Besitz von Kernbrennstoffen in Deutschland nur mit atomrechtlicher Genehmigung und unter staatlicher Aufsicht erlaubt. Unklar ist, wie der 45-Jährige überhaupt an die Uran-Pellets kommen konnte. Hierzulande werden solche Pellets nur noch in einer Fabrik in Lingen zu Brennelementen verarbeitet.

Nach taz-Informationen stammen die Pellets aus der ehemaligen Siemens-Brennelementefabrik in Hanau. Das habe der Mann in einem Schreiben an Bundeskanzlerin Angela Merkel behauptet, bestätigte Jutta Kremer-Heye, Sprecherin des niedersächsischen Umweltministeriums, der taz. „Die Staatsanwaltschaft muss dem jetzt nachgehen.“ Der Brief ans Kanzleramt, den der Uran-Besitzer am 17. Januar mit Hilfe eines Anwalts verfasste, enthielt auch eine Zeichnung des Pelletsbehälters. Im Bundesumweltministerium führte diese zu dem Schluss, dass der Verfasser tatsächlich im Besitz von Uran sein könne.

Umweltminister Sander, der ebenfalls im Landkreis Holzminden beheimatet ist, erklärte, der Gartenbesitzer stamme aus einer schwierigen Familie. Zudem litt oder leidet er unter einer psychischen Erkrankung.

Das Uran befand sich offenbar seit Jahrzehnten im Besitz des 45-Jährigen. Bereits 1994 informierte er die Polizei über angeblich im Wald vergrabenes Uran. Nach Angaben eines Polizeisprechers konnte er aber den Ort nicht genau angeben. Möglicherweise wurde er auch nicht ernst genommen.

Gefahren für die Umwelt gingen von den Uran-Pellets offenbar nicht aus. Der Physiker Wolfgang Neumann von der „Gruppe Ökologie“ in Hannover sagte gestern, unbestrahlte Uran-Pellets würden lediglich Alpha-Strahlen aussenden und seien relativ ungefährlich. Wenn man den harten keramischen Pellets mit Werkzeug zu Leibe rücke und sie zerkleinere, könne man allerdings gefährliche Partikel einatmen.

Das Uran in den Pellets besteht nach Angaben des Umweltministeriums in Hannover zu vier Prozent aus dem leicht spaltbaren Isotop U 235. Von hoch angereichertem Uran spricht man ab einem U-235-Anteil von 20 Prozent. Waffentaugliches Uran muss weit höher angereichert sein. Die Pellets sollen nun vom Institut für Transurane in Karlsruhe untersucht werden. Von der Analyse erhoffen sich die Behörden Aufschluss darüber, wo der Kernbrennstoff hergestellt wurde und wie er aus der staatlichen Kontrolle verschwinden konnte.