DGB-Chef flirtet mit Kanzlerin

Michael Sommer hofft auf Angela Merkel, wenn es um den Mindestlohn geht

BERLIN taz ■ DGB-Chef Michael Sommer schätzt Kanzlerin Angela Merkel. Schon mehrmals sagte er in Interviews, er vertraue der Kanzlerin, das Klima zwischen ihr und den Gewerkschaften sei gut, mit Angela Merkel lasse sich zusammenarbeiten.

Auch beim Mindestlohn hofft der DGB-Chef auf die Kanzlerin. In regelmäßigen Abständen treffen sich die beiden zu Gesprächen. Gestern ging es dabei wieder einmal um die Situation der Niedriglöhner und was dagegen getan werden soll – ein Reizthema zwischen Union und SPD. Die SPD möchte am liebsten einen flächendeckenden, gesetzlichen Mindestlohn. Eine Untergrenze also, die in ganz Deutschland und für alle Branchen gelten soll. Die Union möchte dagegen jegliche Lohnregelung den Tarifparteien überlassen. Als Kompromiss sehen beide Parteien die Ausweitung des Entsendegesetztes, dass also ein Tariflohn von der Regierung als branchenweit verbindlich erklärt wird. Zur Zeit gilt das Entsendegesetz beim Bau und in der Gebäudereinigung.

Falls die Union entgegen ihrer Ankündigung doch noch einem echten flächendeckenden Mindestlohn zustimmt, dann läge dieser sehr viel niedriger als der aktuelle Vorschlag von Arbeitsminister Franz Müntefering (SPD), der von „mindestens 6,50 Euro“ spricht. Das ließ der Arbeitsmarktexperte der CDU, Ralf Brauksiepe, durchblicken. Der DGB fordert sogar 7,50 Euro.

Worauf sich Sommers Hoffnung begründet, mit der Kanzlerin sei eine Mindestlohn-Regelung zu finden, blieb bisher unklar. So auch gestern: „Ich habe noch einmal deutlich gemacht, dass ich gegen einen flächendeckenden gesetzlichen branchenunabhängigen Mindestlohn bin“, sagte Merkel nach dem Gespräch mit Sommer. Das Niedriglohnproblem müssten die Tarifpartner lösen. Die Politik könne das dann „positiv begleiten“. Ein einheitlicher gesetzlicher Mindestlohn jedoch gefährde Arbeitsplätze.

Während Linksfraktionschef Dietmar Bartsch es im Tagesspiegel gestern als „absurd“ bezeichnete, dass Sommer „sich mit Merkel einlässt“, sieht SPD-Sozialexperte Klaus Brandner die Sache pragmatisch: „Hier geht es doch nicht um Eifersüchteleien, wen die Gewerkschaften lieber mögen. Wenn es Herrn Sommer gelingt, bei Frau Merkel ein gutes Ergebnis herauszuhandeln, dann sage ich: Hut ab.“ KK