DER FALL BASSO: DER RADSPORT WIRD EIN DOPINGSPORT BLEIBEN
: Verbände sind überfordert

Was für ein Geständnis! Der Kronzeuge hat sich freigesprochen. Ivan Basso hat gar nicht gedopt. Nach seiner angekündigten Kooperation mit den Ermittlungsbehörden wurde im Radsport auf das Großreinemachen gehofft – doch damit wird es nichts. In der Branche atmete man deutlich vernehmbar auf. Für versuchtes Doping, so wie es Basso gestanden hat, wird ein Sportler auch nach dem harten Antidopinggesetz in Italien nicht in den Knast wandern. Es ist sogar fraglich, ob das eine Sperre rechtfertigen würde.

Doch werden ihm die Ermittlungsbehörden glauben? Nun ist es an den Staatsanwälten, die Einlassungen Bassos zu überprüfen. Bei der Menge an Indizien, die sich mittlerweile angesammelt haben, könnte durchaus sein, dass Basso doch noch belangt wird. Die Sportverbände, der italienische Radsportverband und das Nationale Olympische Komitee sind, solange die Ermittlungen laufen, nicht viel mehr als Zaungäste im Dopingspektakel um den 29-Jährigen. Eine positive Dopingprobe liegt nicht vor, ebenso wenig können die Verbände selbst ermitteln. Dazu brauchen sie die Hilfe der staatlichen Organe. Erst wenn die Behörden Basso überführen sollten, können die Verbände ihn auf Grundlage der Ermittlungsergebnisse sperren.

Dennoch fordern die meisten Sportverbände, allen voran der Deutsche Olympische Sportbund, von der strafrechtlichen Verfolgung von dopenden Athleten abzusehen. Zwar werden erwischte Athleten gesperrt und müssen nicht selten im Wiederholungsfall ihre Karriere beenden. Doch zu überführen sind sie meist nur mittels positiver Dopingproben. Die sind teuer und werden nicht allzu oft genommen. Indizienbeweise gegen Sportler können Sportgerichte nur schwer führen. Das geplante Antidopinggesetz für Deutschland, das den Besitz großer Mengen von Dopingmitteln unter Strafe stellt, ist in diesem Sinne windelweich. Gedopte Sportler werden sich demnach auch weiterhin nicht vor ordentlichen Gerichten verantworten müssen. Das Gesetz ist noch nicht verabschiedet. Der Dauerdopingskandal im Radsport zeigt, was zu tun ist. ANDREAS RÜTTENAUER