Rudi Dutschke bekommt wieder recht

Das Berliner Verwaltungsgericht weist die Klage der Anlieger gegen die Umbenennung der Kochstraße ab. Ein Teilstück wird künftig Rudi-Dutschke-Straße heißen. Dies sei kein politischer Angriff auf den markantesten Anlieger – die Axel Springer AG

AUS BERLIN THILO KNOTT

Die Umbenennung der Berliner Kochstraße in Rudi-Dutschke-Straße ist rechtens. Zu diesem Urteil kam gestern das Berliner Verwaltungsgericht. Das Gericht weist damit eine Klage von 27 Anliegern der Kochstraße, darunter die Axel Springer AG, als „unbegründet“ zurück. Die Namensänderung der Kochstraße im Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg sei nicht willkürlich und verletze auch keine Grundrechte der Anlieger, urteilte die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts. Das Gericht ließ eine Berufung nicht zu.

Die juristische Auseinandersetzung ist das letzte Hindernis, das der Umbenennung der Kochstraße in Rudi-Dutschke-Straße im Weg steht. Das Bezirksparlament hatte die Umbenennung im August 2005 mit den Stimmen von Linkspartei und Grünen bereits beschlossen. Der Versuch der CDU, die Rudi-Dutschke-Straße noch mit einem Volksbegehren zu stoppen, scheiterte: Beim Bürgerentscheid im Januar hatten 57,1 Prozent der Wähler im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg für die Benennung nach dem Studentenführer gestimmt. Die Gegner der Rudi-Dutschke-Straße haben jetzt noch eine letzte Chance: Die Kläger können gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts noch einen Antrag auf Zulassung zur Berufung beim Oberverwaltungsgericht Berlin stellen. Lehnt das Oberverwaltungsgericht diesen Antrag ab, können die Straßenschilder montiert werden. Die Kläger wollen eigenen Angaben zufolge diesen Antrag stellen.

Sie argumentierten während der 75-minütigen Verhandlung vor allem damit, dass die Umbenennung ein „politischer Angriff auf die Axel Springer AG“ und die „Integrität des Konzerns“ sei. Damit habe der Bezirk seine Neutralitätspflicht verletzt. Das Gericht sah dagegen keine Willkür vorliegen.

Zwar sei „bei objektiver Betrachtung“ der strittige Straßenabschnitt für die Ehrung Dutschkes ausgesucht worden, weil dort der Springer Verlag ansässig sei, hieß es im Urteil. Der Bezug ergebe sich jedoch nicht allein aus den rechtswidrigen Blockadeaktionen, sondern aus der gesellschaftlichen Auseinandersetzung über die Presselandschaft in den 60er-Jahren, als deren „Antipoden“ Springer und Dutschke angesehen werden könnten. „Die gleichzeitige Ehrung zweier zeitgenössischer Kontrahenten am gleichen Ort ist vertretbar“, erklärte der vorsitzende Richter Hans-Peter Rueß. Der Bezirk habe mit der Umbenennung nicht einseitig Partei ergriffen, weil die Rudi-Dutschke-Straße auf die Axel-Springer-Straße stoßen werde und der Verlag dort seine Anschrift behalte. Rueß erklärte: „Eine Provokation wäre es nur gewesen, wenn die Axel-Springer-Straße in Rudi-Dutschke-Straße umbenannt worden wäre.“