Subkultur erobert sich die Nacht zurück

Linke Haus- und Kulturprojekte in Mitte und Prenzlauer Berg setzten sich gegen ihre Verdrängung zur Wehr

Wer den Innenhof der Kastanienallee 86 betritt, spürt zunächst nichts von den Querelen zwischen den Mietern und dem Eigentümer des Hauses. Einige Bewohner sitzen zusammen auf Bierbänken, trinken Kaffee und genießen das laue Frühlingswetter. Aus dem Fenster dringen Gitarrenakkorde. Doch so idyllisch ist das Verhältnis zwischen Mietern und den Hausbesitzern nicht – besonders seit dem Verkauf 2004. Den Bewohnern wurde mehrfach der Rausschmiss angedroht. Der Hintergrund: Meist wollen die Besitzer die Häuser sanieren und teurer vermieten. Viele der jetzigen Bewohner und Projekte könnten sich dies nicht leisten.

Als Antwort auf die gespannte Lage haben die Bewohner mehrerer bedrohter Wohn- und Kulturprojekte in Mitte und Prenzlauer Berg im vergangenen Sommer ein Bündnis gegründet, „PiMP“. Beteiligt sind rund 20 Projekte. „Uns geht es um Aufmerksamkeit, um Gegenöffentlichkeit. Wir wollen und müssen uns wehren“, sagt der Sprecher der „K86“. Morgen gehen sie mit ihren Forderungen an die Öffentlichkeit: Im Rahmen der „Langen Nacht der Subkultur“ finden Lesungen, Konzerte, ein großes Abendessen und eine „illegale Disko“ statt. Damit will das Bündnis auf die vielfältigen kulturellen und sozialen Projekte hinweisen, die sich in den Projekten entwickelt haben. In der Kastanienallee 86, die an ihrer Fassade die Leuchtschrift „Kapitalismus normiert, zerstört, tötet“ trägt, sind das das „Tuntenhaus“ und die Galerie Walden.

Ein weiteres Mitglied des Bündnisses ist das Hausprojekt in der Brunnenstraße 183 – und auch hier herrscht heftiger Streit mit dem Eigentümer. Die rund 30 Bewohner zahlen nach eigener Aussage zwar rechtmäßig Miete, es existieren jedoch keine schriftlichen Mietverträge. Deswegen werden die Bewohner der Brunnenstraße 183 laut einer Sprecherin vom Eigentümer schikaniert „mit Anzeigen und Polizeiaktionen bis hin zu Klageverfahren“. Zudem sitzen sie nach eigenen Angaben auch auf einem Berg von Prozesskosten. Auch in diesem Haus wären mehrere linke und nichtkommerzielle Projekte bei einer Sanierung in ihrer Existenz bedroht: Im Haus befinden sich mehrere Ateliers, auch der antikapitalistische „Umsonstladen“ ist hier untergebracht. CATHERINE KIMMLE

„Lange Nacht der Subkultur“, Samstag ab 14 Uhr. Viele Veranstaltungen können kostenlos besucht werden. Programm unter pimp.so36.net/langenacht.html