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Feiern mit der Tora – Lektion III

Wenig traditionell kommt die jüdische Kulturszene daher, die sich ab März zu den Kulturtagen im Rheinland trifft

Am 4. März feiern Juden ihr größtes Besäufnis. Beim „Purimfest“ sollen sich die Gläubigen verkleiden, schminken – und hemmungslos betrinken. Zu feiern gibt es dieses Jahr aber nicht nur die biblischen Errettung vor Gefahren in der persischen Diaspora, sondern auch den Auftakt zum größten Kulturfestival der Juden in Deutschland. Bis zum 1. April werden im Rheinland die dritten Jüdischen Kulturtage stattfinden, die dort zuletzt 2002 organisiert wurden.

Die Ausgelassenheit des Purimfestes möchte Esra Cohn, Vorsitzender der jüdischen Gemeinde in Düsseldorf, mit den Kulturtagen aus den Gemeinden tragen. Sie müssen sich heute viel zu oft durch Polizeisperren vor Übergriffen schützen: „Es ist wichtig, dass wir uns öffnen, denn Nichtwissen ist das Problem von allem.“ Ganz unverklemmt kommt daher auch das Programm der Kulturtage daher.

Für wen die jüdische Komik fest am Namen Ephraim Kishon klebt, der darf im März auch bei Lesungen der Israelin Lizzie Doron oder von Lily Brett aus Australien loslachen. Dass die Religionsgruppe über Klezmer und Geigenmusik hinaus längst auch Inspiration für die Jugendkultur ist, sollte spätestens beim Klang von wummernden Bässen und Zungenbrechern klar werden: „Balkan Beat Box“ oder „Ghettoplotz“ heißen zwei der Hip-Hop-Gruppen auf dem Festival. Letztgenannte sind Teil der internationalen Heeb-Hop-Szene, einer jüdisch geprägten Variante der Raps und Rhymes.

Insgesamt 270 Veranstaltungen sollen die jüdische Perspektive in Film, Literatur, Theater, Tanz und Musik vermitteln. Die geladenen internationalen KünstlerInnen sind lebendige Beispiele für die quer über die Welt verstreute jüdische Kultur. Musik aus New York trifft auf österreichisches Kino und israelischen Tanz.

Aber warum wird gerade NRW Treffpunkt der jüdisch-künstlerischen Intelligenz? Esra Cohn begründet das etwa mit dem starken Wachstum der jüdischen Bevölkerung in der Region, was wohl auch Paul Spiegel, den im vergangenen Jahr verstorbenen Vorsitzenden des Zentralrats der Juden, bewogen hat, die Kulturtage ins Leben zu rufen. Abgesehen von der großen Kölner Synagogengemeinde gibt es heute 18.000 Juden am Nordrhein. Vor knapp 20 Jahren, als gerade einmal 3.500 Gläubige in die Gebetsräume kamen, wurde noch überlegt, Gemeinden zusammenzulegen. Vor solchen Problemen stehen heute vielmehr die christlichen Gotteshäuser, die massiv Mitglieder verlieren.

Weniger leicht zu klären ist, ob jüdische Kultur nur Menschen mit dem passenden religiösen Hintergrund schaffen können. Die gut organisierte Diskussionsrunde zu den Kulturtagen geriet durch diese Frage gestern kurz in Stocken. „Ich denke ja“, versuchte sich Esra Cohn mit einer Antwort. „Wir Juden haben eine ganz bestimmte Art, uns zu präsentieren, zu leben, und einen eigenen Humor“, die auch nachgeahmt werden könne. Dennoch bleibt der Ausdruck dieser Besonderheiten nach wie vor überwiegend jüdischen KünstlerInnen vorbehalten, wie die Kulturtage zeigen.

Diesmal geben die Gemeinden und die 14 beteiligten Kommunen 500.000 Euro für das Event aus. Die Landesregierung spendiert 120.000 Euro. Laut Kulturstaatssekretär Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff sind die Kulturtage damit eines der größten landesgeförderten Projekte. Und vielleicht widmen sich, inspiriert von den Kulturtagen, bald sogar Nicht-Juden der jüdischen Kunst. MORITZ SCHRÖDER

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