Die Realität am Hindukusch
: KOMMENTAR VON KATHARINA KOUFEN

Der Tod von drei Bundeswehrsoldaten in Kundus wird nicht dazu führen, dass sich eine Bundestagsmehrheit im Herbst gegen die Verlängerung des Afghanistan-Einsatzes entscheidet: So viel lässt sich wohl jetzt schon sagen. Trotzdem wird das Attentat nicht ganz ohne Wirkung bleiben: Es lässt die Bedenken wieder lauter werden, die nach der Tornado-Abstimmung im März in den Hintergrund getreten waren.

Im offiziellen Sprachgebrauch wird das Wort „Krieg“ im Zusammenhang mit der Bundeswehr in Afghanistan meist vermieden. Die Soldaten werden lieber als eine Art Entwicklungshelfer in Uniform geschildert, die bei den Afghanen allseits beliebt seien. Da sie in sicheren Regionen stationiert seien, könnten sie sich einigermaßen frei bewegen, so die offizielle Darstellung. Ähnlich beschönigend fällt die Beschreibung der Tornado-Mission aus: Sie soll präzise Aufklärungsbilder von Taliban-Stellungen liefern und zivile Opfer vermeiden helfen. Doch in der Praxis erscheint es lächerlich, dass von Berlin aus kontrolliert werden könnte, wozu die Fotos letztlich verwendet werden.

Vor Ort stellt sich die Situation der Bundeswehr ohnehin anders dar: Die afghanische Bevölkerung unterscheidet immer weniger zwischen „guten“ deutschen Soldaten und „gutem“ Isaf-Kommando auf der einen und „bösen“ Amerikanern auf der anderen Seite. Mit jedem afghanischen Zivilisten, der von ausländischen Bomben getötet wird, wächst auch für die Bundeswehrsoldaten die Gefahr. Doch die Frage, wann die Mission eigentlich als beendet gelten kann, ist nach wie vor völlig ungeklärt. Bisweilen macht schon das Wort von der „Irakisierung“ des Konflikts die Runde: Wenn der Erfolg ausbleibt und niemand eine Exit-Strategie weiß, wächst zu Hause der Rechtfertigungsdruck.

Im März brachten viele Abgeordnete die Abstimmung über den Tornado-Einsatz noch zähneknirschend hinter sich – und in bester Hoffnung, es werde schon gutgehen. Doch wenn im Herbst die nächste Afghanistan-Entscheidung ansteht, muss die Debatte sehr viel ehrlicher verlaufen. Zumindest eine Behauptung lässt sich nun nicht mehr aufrechterhalten: dass die Bundeswehr im Norden sicher sei.