Einstige Quotenfrau wird zum Rechtenschreck

Heute wird in Österreich eine Migrantin zur „Volksanwältin“ bestimmt. Das schmeckt den Konservativen gar nicht

WIEN taz ■ „Verfassungsbruch“, tobt in Zeitungsinseraten der Chef von Österreichs rechter FPÖ, Heinz Christian Strache, und ruft zum Widerstand gegen die „Asylantenanwältin“ Terezija Stoisits auf. Die grüne Menschenrechts- und Minderheitensprecherin wird heute vom Hauptausschuss des Nationalrats als künftige Volksanwältin bestimmt.

Die Volksanwaltschaft ist eine Art kollektiver Ombudsmann und besteht aus drei Mitgliedern, die von den drei stärksten Parteien nominiert werden. Sozialdemokratische SPÖ und konservative ÖVP sind also abonniert. Der dritte Posten stand bisher der FPÖ zu. Die blieb aber bei den Nationalratswahlen im Oktober einige hundert Stimmen hinter den Grünen.

Da die Verfassung von den „mandatsstärksten“ Parteien spricht, tat sich ein Rechtsstreit auf. Denn Grüne wie FPÖ haben beide 21 Mandate. Doch alle ernst zu nehmenden Juristen wie auch der Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes und der Legislativrat des Parlaments sind der Überzeugung, dass der Posten wegen der höheren Stimmenanzahl den Grünen zusteht. Nationalratspräsidentin Barbara Prammer, SPÖ, hat daher angekündigt, sie werde nur einen Dreiervorschlag zulassen. Eine Kampfabstimmung im Nationalrat, bei der die FPÖ auf die Stimmen der ÖVP hoffte, wird es nicht geben.

Stoisits begann ihre politische Karriere als Quotenfrau. Die Grünen suchten, um den eigenen Anspruch der Geschlechterparität erfüllen zu können, geeignete Frauen. Terezija Stoisits brachte noch die Zugehörigkeit zu einer Volksgruppe als zusätzliches Plus mit. Das war vor den Nationalratswahlen 1990. Die im Unterrichtsministerium beschäftigte Juristin war weder politisch aktiv noch grünes Parteimitglied. Aufgefallen war sie aber durch ihr öffentliches Engagement für Minderheiten und Zuwanderer. Inzwischen zählt die 48-Jährige zu den Veteraninnen im Nationalrat.

Für die Rechten ist die Burgenlandkroatin, die ihre Parlamentsreden immer mit der kroatischen Begrüßung „Dobar dan, postovane dame i gospodo“ beginnt, eine wandelnde Provokation. Mit Leidenschaft bekämpft sie das Fremdenrechtspaket der letzten Regierung, das jede Menge menschenrechtlich bedenklicher Schikanen eingeführt hat. Eine Zeit lang präsentierte sie regelmäßig das Fremdenrechtsopfer der Woche. Zuletzt forderte sie ein Bleiberecht für Asylbewerber, deren Verfahren zu lange dauern.

Als Volksanwältin wird sie, freut sich Stoisits, nicht nur Verwaltungsakte überprüfen, sondern auch die Möglichkeit haben, „Fehler, Unsinnigkeiten oder Inkompatibilität von Gesetzen aufzugreifen“.

„Niemandem würde es einfallen zu kritisieren, dass sich ein Gesundheitssprecher für die Kranken einsetzt“, rechtfertigt Stoisits ihre kämpferische Haltung für Zuwanderer, Asylwerber und Minderheiten. Die Amtsperiode beginnt am 1. Juli.

Heute wird der Dreiervorschlag der Parteien vom Hauptausschuss des Nationalrats entgegengenommen und dem Plenum zur Bestätigung weitergeleitet. RALF LEONHARD