Die DDR soll leben

Abseits von Mauer und Stasi: Grüne und Historiker wollen den Alltag in der DDR anschaulich machen

Leicht wird es für sie nicht werden. Um die Erinnerung an die deutsche Teilung sei es schlecht bestellt, konstatierte Alice Ströver gestern: „Die DDR-Geschichte ist zwar sehr gut aufgearbeitet in wissenschaftlichen Arbeiten“, urteilte die kulturpolitische Sprecherin der Grünen. Doch entsprechende Bücher wie die der Landeszentrale für politische Bildung „liegen als Ladenhüter herum“. Deshalb haben sich die Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus und Historiker vom Forschungsverbund SED-Staat an der Freien Universität nichts Geringeres vorgenommen, als die Erinnerung an die Zeit der deutschen Teilung wachzuhalten.

17 Jahre nach der Wiedervereinigung wollen Politiker und Zeitgeschichtler durch Podiumsdiskussionen anregen, eine zentrale Frage zur DDR-Geschichte neu zu beantworten: Wie sah der Alltag in der Diktatur aus? Derzeit, urteilt der Ex-Bürgerrechtler und Historiker Stefan Wolle vom Forschungsverbund SED-Staat, stünden sich zwei Sichtweisen über die DDR entgegen. Die einen verdammten das System, die anderen rühmten die fürsorgende Familien- und Sozialpolitik – Stichwort Krippenplätze. „Und zwischen beiden findet immer weniger Dialog statt“, klagt Wolle. Das soll sich ändern.

Bis zum 20. Jahrestag des Mauerfalls in zwei Jahren sollen daher bei Diskussionen Vertreter der verschiedenen Lager zusammenkommen. Den Anfang macht morgen um 19.30 Uhr im Abgeordnetenhaus eine Debatte unter dem Titel „Unsere DDR – Eure DDR“ über ost- und westdeutsche Blicke auf den untergegangenen Staat. Unter anderem diskutieren miteinander die Chefin der Stasi-Unterlagenbehörde, Marianne Birthler, der Linkspartei-Bundeschef Lothar Bisky und Grünen-Fraktionschefin Franziska Eichstädt-Bohlig. Das Gespräch anfachen soll der aus der DDR ausgebürgerte Liedermacher Wolf Biermann.

Bei späteren Debatten geht es unter anderem um die Themen Schule, Jugendkulturen, „AusländerInnen in der DDR“ und die Entwicklung der SED zur Linkspartei. Biermann habe angekündigt, er wolle morgen nur ein Eingangsreferat halten, so Grünen-Frau Ströver. Mit dem Ex-SEDler Bisky diskutieren wolle er nicht. MATTHIAS LOHRE