Das Produkt heißt: Kreativität

Vor 25 Jahren wurde aus einer alten Weddinger Maschinenfabrik die „Fabrik Osloer Straße“. Bis heute bietet sie Raum für soziale Projekte und Kleinunternehmen – und bekämpft Wedding-Klischees

VON CATHERINE KIMMLE

Auf dem Gehweg in der Osloer Straße lacht und lärmt eine Gruppe Fünfjähriger. Die Kinder freuen sich auf den ersten Museumsbesuch ihres Lebens. In der aktuellen Ausstellung des Kindermuseums Labyrinth werden sie gleich mit Augen und Ohren auf Entdeckungssafari gehen. Unter dem Motto „Ganz weit weg und doch so nah“ werden sie auf eine Weltreise geschickt und lernen, wie man einen Turban wickelt, wo es welches Geld gibt und wie unterschiedlich die internationale Küche ist.

„Das Museum ist unser Aushängeschild“, sagt Martin Beck, seit 2001 Geschäftsführer des Kulturzentrums Fabrik Osloer Straße. Nach Größe und Besucherzahlen ist es eins der größten Kindermuseen in Deutschland. Dabei ist das Projekt nur eines unter vielen, die in den Hallen der Fabrik eine Bleibe gefunden haben. Deren Gründung jährt sich gerade zum 25. Mal.

„Mit unserer Arbeit wollen wir gegen die verbreitete Meinung angehen, dass es im Wedding nur Kriminalität, verdreckte Straßen und Chaoten gibt“, beschreibt Martin Beck das Engagement des Zentrums. Da gibt es unter den sozialen Einrichtungen die Kindertagesstätte Putte e. V., die als ältestes Ausländerprojekt im Wedding gilt. Hier betreuen drei Erzieherinnen 30 Kinder aus elf Nationen zwischen zwei Jahren und Schulanfang. Zwei der Erzieherinnen sprechen Türkisch als Muttersprache. In den Kita-Alltag werden somit beide Sprachen, Deutsch und Türkisch, integriert. Den Eltern, die mitunter nur geringe Deutschkenntnisse besitzen, nehmen sich die türkischsprachigen Betreuerinnen ebenso beratend an.

Auch Handwerk und Gewerbe haben ihren festen Platz hinter den Backsteinwänden. Druckerwerkstätten und eine Tischlerei führen die mittelständische Tradition des Industriestandorts fort. Bei Wohnwerkstatt e. V., einem Ausbildungsprojekt mit integrierter Wohngemeinschaft, werden 15 Jugendliche zum Fahrradmonteur oder Metallbauer ausgebildet. „Zu uns kommen junge Menschen aus schwierigen Familien. Meist weisen sie hohe schulische Defizite auf“, sagt Schlossermeister Harald Winkelmann, der die Jugendlichen ausbildet. „Wir helfen ihnen, eine Lebensperspektive zu entwickeln.“

Die einstige Maschinenfabrik A. Roller wurde im Jahr 1855 als eine der ersten Industrieansiedlungen in Wedding gegründet und avancierte zum weltweit viertgrößten Unternehmen in der Herstellung und dem internationalen Vertrieb von Maschinen für die Zündholzproduktion. Nach Auszug der Firma 1977 stand die Fabrik zunächst leer. Im Rahmen von Sanierungsplanungen sah die Weddinger Bezirksverwaltung den Abriss vor.

1978 bezogen jedoch mit einem Wohnprojekt des Bunds deutscher Pfadfinder neue Mieter das Gebäude in der Nähe der Bornholmer Brücke. Der erste Nutzungsvertrag mit der Wohnungsbaugesellschaft Degewo, der Eigentümerin der Immobilie, wurde abgeschlossen. Ein Jahr später kam Putte e. V., dann die Wohnwerkstatt.

Bevor der Verein Fabrik Osloer Straße 1982 seine Arbeit aufnahm, diente das Fabrikgelände als Zwischenstation für Theateraufführungen und Rockkonzerte. Für Gesprächsstoff sorgte damals Berlins erste Ausstellung zu alternativen Energien „Es geht auch anders“. Damals brachte sie das Thema zum ersten Mal einer breiteren Öffentlichkeit nahe.

„Das Zentrum ist seit seinen Anfängen ein Symbol für Kreativität in Wedding“, resümiert Geschäftsführer Beck die vergangenen 25 Jahre. „Seit 1982 begleiten wir viele hilfsbereite, positive und verantwortungsbewusste Menschen, deren Leben wir hoffentlich auch bereichern.“

www.fabrik-osloer-strasse.de