TORNADO-EINSATZ: DEUTSCHLAND MUSS IN AFGHANISTAN FARBE BEKENNEN
: Moralische Haarspalterei

In Afghanistan, weit hinter der Türkei, herrscht Kriegszustand. Vor fünf Jahren hatte man noch hoffen können, dass nach dem Trauma der sowjetischen Besetzung und der Taliban-Tyrannei Frieden einkehren würde. Die internationale Gemeinschaft sollte diesen sichern helfen, und die dorthin entsandte Friedenstruppe, darunter Einheiten aus Deutschland, erhielt denn auch den unauffälligen Namen „Truppe zur Hilfe bei der Sicherung“ des Landes. Sie sollte so lange aktiv sein, bis das Land seine eigene Armee und Polizei aufgebaut hat.

Doch dieser Aufbau begann schon bald zu stocken, verzögert namentlich durch Drogenbarone und Raubritter aus den Reihen der Siegerpartei. Und vor zwei Jahren sind die Ende 2001 vertriebenen Taliban wieder zurückgekehrt und haben der gewählten Regierung den Tod angesagt. Sie tun dies mit pakistanischer Hilfe und mit Drogengeldern, mit Waffen und Selbstmordattentaten.

Zwei Jahre lang klammerte sich der internationale Gutmensch Deutschland an die Fiktion, dass seine Isaf-Soldaten immer noch Entwicklungshilfe betreiben. Diese Illusion ließ sich aufrechterhalten, weil sich die Berliner Friedenstruppe in Regionen stationieren ließ, die weit weg von der Kriegsfront liegen. Man kann zudem davon ausgehen, dass Deutschland für den Aufenthalt im Norden auch etwas springen ließ, indem es sich mit höheren Geldbeiträgen an die Nato aus der Pflicht nahm. Vor allem aber konnte Berlin dies tun, weil andere Länder sich die Hände schmutzig machten.

Aber die Fassade zeigte immer mehr Risse. Seitdem die Isaf und das Gros der amerikanischen Kampfverbände einem gemeinsamen Nato-Kommando unterstellt sind, kann die linke Hand nicht mehr glaubwürdig behaupten, sie wisse nicht, was die rechte tut. Es ist eigentlich schade, dass die Nato das deutsche Politestablishment nur zur Bereitstellung von Tornado-Aufklärungsflugzeugen zwingt. Denn dieses wird nur eines tun: die moralische Haarspalterei weiter auf die Spitze treiben und händeringend die (vom Grundgesetz längst beantwortete) Frage stellen, ob es denn legitim sein kann, zu töten. BERNARD IMHASLY