Kein Fußbreit den Ultras

Im Fall des getöteten Polizisten steht ein 17-Jähriger unter Verdacht. Italienische Regierung beschließt Sicherheitspaket

ROM taz ■ Nach dem Tod des Polizeibeamten Filippo Raciti am letzten Freitag gibt sich die Staatsanwaltschaft Catania überzeugt, jetzt einen der Täter gefasst zu haben. Ein 17-jähriger Hooligan, der vor drei Tagen verhaftet worden war, soll auf Videoaufzeichungen zu erkennen sein, wie er mit Teilen eines im Stadion abmontierten Waschbeckens dem Inspekteur Schläge in den Leib versetzt.

Der junge Ultra muss jetzt mit einer Anklage wegen Totschlags oder gar wegen Mordes rechnen. Die Ermittler nämlich gehen davon aus, dass die Hooligans am Rand des Erstligaspiels Catania gegen Palermo gezielt die Auseinandersetzung mit der Polizei gesucht hätten. So heißt es, ein Kronzeuge aus dem Fanmilieu habe ausgesagt, dass auch ein Bombenanschlag auf die Polizisten geplant gewesen sei.

Unterdessen gehen in Rom die Auseinandersetzungen zwischen Regierung und Clubs über die Zukunft des Fußballs weiter. Am Mittwoch verabschiedete die Regierung das von Innenminister Giuliano Amato und Sportministerin Giovanna Melandri vorgelegte Maßnahmenpaket, das im nächsten Schritt durchs Parlament gebilligt werden muss. Unmittelbar tritt, per Gesetzesverordnung, die Norm in Kraft, dass nur noch in Stadien vor Publikum gespielt werden darf, die alle Sicherheitsvorschriften erfüllen. Am Wochenende werden fünf der zehn Erstliga-Spiele vor einer Geisterkulisse stattfinden, nämlich die Partien in Mailand, Bergamo, Verona, Florenz und Messina.

Zugleich will die Regierung Veränderungen im Strafrecht. In Zukunft soll der bloße Besitz von Feuerwerkskörpern, Sprengsätzen, Rauchbomben oder Schlaginstrumenten mit Haft bis zu drei Jahren bestraft werden. Wer Polizisten attackiert, muss gar mit Haft bis zu 15 Jahren rechnen. Leichter wird es in Zukunft auch sein, Stadionverbote von bis zu sieben Jahren auszusprechen: Dabei reicht es, wenn der Kandidat gewalttätigen Gruppen zugerechnet werden kann. Außerdem müssen die vom Stadionverbot Betroffenen damit rechnen, während der Spiele zu „gemeinnützigen Arbeiten“ herangezogen zu werden; als Beispiel nannte Innenminister Amato das Putzen öffentlicher Toiletten.

Auch die Fanclubs müssen zahlreiche Restriktionen hinnehmen. Sie dürfen keinerlei Transparente und Spruchbänder mehr ausrollen; sie können nicht mehr über ihre Clubs Kartenpakete für Auswärtsspiele erwerben und Reisen zu den Auswärtseinsätzen ihres Teams organisieren. Und schließlich untersagt die Regierung für die Zukunft jede Form der Kooperation zwischen Ultraverbänden und den Vereinen. Die hatten bisher ihre leidenschaftlichsten Anhänger mit zahlreichen Privilegien verwöhnt. MICHAEL BRAUN