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SPÄT ERKANNTE WERTEInventur

„Spee“ leitet sich vom Wort „Spezialentwicklung“ ab

Ich saß zu Hause und blätterte in dem Buch „DDR Design Kultur im Heim“. Nicht Mangel, sondern Schlichtheit sprang mir entgegen. Nach dem Betrachten all der Radioapparate, Stühle, Lampen, Vasen und anderen sozialistischen Errungenschaften überkam mich das Bedürfnis nach einer Inventur meiner Wohnung in Sachen „DDR Design Kultur im Heim“.

Die orange-weiße Plastikgießkanne, wie ich sie im Wohnzimmer habe, las ich in dem Buch, nennt sich Blumengießer und ist aus Polystyrol. Sie wurde vier Jahre vor meiner Geburt erfunden und „war nicht nur ein beliebtes Ausstattungsstück ostdeutscher Haushalte, sondern sogar ein Exportschlager – geliefert bis nach Fernost“. Meinen Blumengießer habe ich lange nach dem Untergang der DDR für einige Euro in einem Trödelladen gekauft.

Auf Seite 75 blutete mir etwas das Herz. Dort war ein Grill abgebildet mit schweren Eisenplatten, wie ich einen bis vor wenigen Jahren hatte. Etwas despektierlich wird er in dem Buch „ansehnlicher Kontaktgrill“ genannt. Mir hat er fast 20 Jahre gute Dienste geleistet, bis ich eines Tages meinte, ihn einer Reinigung unterziehen zu müssen, alle Schrauben entfernte, und jedes Einzelteil putzte. Es war mir dann aber unmöglich, das Gerät wieder zusammenzusetzen, obwohl mir keine Schraube fehlt. Ich musste den nicht mehr ansehnlichen Kontaktgrill entsorgen.

In dem Kapitel „Sanitär und Körperpflege“ stieß ich auf das Waschmittel Spee, meine Hausmarke. Früher war es schlicht in einem Karton verpackt mit dem Aufdruck „Mit intensiver Weißkraft“, heute plätschert es in einer Plastikflasche und nennt sich „Die schlaue Art zu waschen“. Über den Namen Spee habe ich mir nie Gedanken gemacht. In dem Buch erfuhr ich, dass Spee sich von dem Wort „Spezialentwicklung“ ableitet.

BARBARA BOLLWAHN

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