Motivation statt Zwang

Zivildienst ist ein Auslaufmodell, dafür floriert das freiwillige Kulturjahr (FSKJ) – obwohl und gerade, weil es etwas länger dauert. Hemmschuh ist allerdings die mangelnde Förderung durch das Bremer Kulturressort

Der Trend geht zur Freiwilligkeit, auch in Sachen Kultur: Allein 2006 bewarben sich 850 Willige auf 110 Einsatzplätze in Norddeutschland für das „Freiwillige Soziale Jahr für Kultur“ (FSJK). Das vor sechs Jahren initiierte Berufsorientierungsmodell wird seit 2004 auch von der Bremer Kulturverwaltung unterstützt. Allerdings begrenzt das Ressort seine Förderung auf maximal zehn Plätze pro Jahr, obwohl die Nachfrage – sowohl seitens der aus dem ganzen Bundesgebiet stammenden BewerberInnen als auch seitens der Bremer Kultureinrichtungen – drei- bis viermal so hoch ist.

Hintergrund ist unter anderem die Verkürzung des Zivildienstes auf neun Monate. Oft lohnt sich die Einarbeitung kaum noch, zum anderen ist das FSJK – das seinerseits als Zivildienstersatz anerkannt werden kann – wesentlich flexibler als der bundesbehördlich reglementierte Zwangsdienst. In Bremen engagieren sich die hoch motivierten Freiwilligen auch an Orten, die keine klassischen Zivi-Hochburgen sind und bringen dort ihrerseits ungewohnte Aspekte ein. Finn Klammer etwa arbeitet auf dem am Tiefer ankernden „Theaterschiff“ als Licht- und Tontechniker und hat als Spezialprojekt ein „Metal“-Konzert an der eher kommerziell orientierten Boulevard-Bühne organisiert.

Andere Bremer Einsatzorte sind „Belladonna“, die Zirkusschule „Jokes“, das „Kino 46“ oder das Bürgerzentrum Neue Vahr, wo Ann-Katrin Krauss – neben vielen anderen Tätigkeiten – eine Kinder-Rhythmusgruppe aufbaut. Auch am Goetheplatz und im „Übersee“ arbeiten FSKJ-ler, viele der anderen „klassischen“ Kultureinrichtungen hinken dem neuen Manpower-Rekrutierungstrend allerdings noch hinterher. Wie die anderen FSKJ-ler bekommt Krauss 280 Euro im Monat, freie Unterkunft – und konkretere Vorstellungen von seinen beruflichen Absichten.

In insgesamt 25 gemeinsamen „Bildungstagen“ reflektieren die Freiwilligen ihre Erfahrungen, inklusive Fortbildungen in den Bereichen Bewerbung, Management und Öffentlichkeitsarbeit. Dass sie den Kulturinstitutionen dennoch als effiziente Kräfte gelten, zeigt die Bereitschaft zum Aufbringen der pro Platz und Monat fälligen Kosten: Die belaufen sich auf immerhin 650 bis 700 Euro pro Einrichtung, von denen das Kulturressort lediglich 250 Euro übernimmt.

Henning Bleyl